Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildund des Gesamt-Grades der Behinderung

 

Leitsatz (amtlich)

Selbst fünf Einzel GdB von 20 können bei voneinander unabhängigen Gesundheitsstörungen dann nicht zu einem Gesamt GdB von 50 führen, wenn es sich um schwache Einzel GdB handelt.

 

Normenkette

SGB IX § 69 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 2, 3 Sätze 1-2; SGB X § 48 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 20. April 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) streitig.

Der 1944 geborene Kläger, der seit 01.12.2007 Altersrente für langjährig Versicherte von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezieht, stellte erstmals am 04.03.2004 Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des GdB sowie des Merkzeichens "G", worauf der Beklagte mit Bescheid vom 11.08.2004 einen GdB von 30 festsetzte, der auf folgenden Einzel-GdB basierte: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Iliosakralgelenkbeschwerden sowie seelische Störung, Tinnitus (jeweils 20) und Coxarthrose beidseits sowie Herzleistungsminderung, Bluthochdruck (jeweils 10). Ein Widerspruch hiergegen blieb erfolglos.

Am 24.07.2007 beantragte der Kläger die Neufeststellung des GdB und die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "RF". Im Verwaltungsverfahren holte der Beklagte mehrere Befundberichte ein und wertete zahlreiche medizinische Unterlagen aus, wie das im Auftrag der gesetzlichen Unfallversicherung erstellte Gutachten der HNO-Ärztin Dr. N. vom 15.03.2007, in dem die Fachärztin zum Ergebnis einer Gesamt-MdE auf HNO-ärztlichem Gebiet von 15 % gekommen war. Mit streitgegenständlichem Änderungsbescheid vom 20.11.2007 setzte der Beklagte daraufhin den GdB auf 40 ab Antragstellung fest. Es lägen die nachstehenden Gesundheitsstörungen vor:

* Herzleistungsminderung, Bluthochdruck, Herzklappenfehler, Vorhofseptum-aneurysma - Einzel-GdB 20;

* Darmwandausstülpungen (Divertikulose) - Einzel-GdB 20;

* Schwerhörigkeit beidseits mit Ohrgeräuschen - Einzel-GdB 20;

* seelische Störung - Einzel-GdB 20;

* Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschäden, Iliosakralgelenkbeschwerden - Einzel-GdB 20;

* Funktionsbehinderung des Schultergelenks rechts - Einzel-GdB 10;

* arterielle Verschlusskrankheit - Einzel-GdB 10;

* Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke - Einzel-GdB 10.

Die mit den Gesundheitsstörungen Fersensporn und Kniebeschwerden verbundenen Einschränkungen würden keinen GdB von wenigstens 10 bedingen. Die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "RF" lägen nicht vor.

Hiergegen erhob der Kläger am 13.12.2007 Widerspruch, den er damit begründete, dass auf der Basis der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) ein Gesamt-GdB von 60 zutreffend sei. Der Kläger, dem es primär um die Auswirkung der Schwerbehinderteneigenschaft auf seine Altersrente gehe, befinde sich inzwischen zusätzlich in nervenärztlicher Behandlung. Nach Einholung eines nervenärztlichen und eines gastroenterologischen Befundberichts wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2008 den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Hinsichtlich des Wirbelsäulenleidens bestünden keine ausgeprägten motorischen oder neurologischen Ausfallserscheinungen. Bei einer ergometrischen Belastbarkeit bis 150 Watt und nahezu uneingeschränkter linksventrikulärer Funktion lasse sich für das Herzleiden ein höherer GdB als 20 nicht begründen. Der Fersensporn und die Kniebeschwerden könnten bei der Bildung des GdB nicht berücksichtigt werden. Weitere Gesundheitsstörungen mit einem GdB von wenigstens 10 lägen nicht vor.

Am 19.08.2008 hat der Kläger hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG) mit dem Vortrag erhoben, der Beklagte habe sich mit dem Vorbringen der Widerspruchsbegründung nicht konkret auseinandergesetzt. Auch die in der Akte befindliche versorgungsärztliche Stellungnahme bringe keine sozialmedizinisch fundierte Begründung, weshalb hier angesichts der Zahl und Höhe der Einzel-GdB ein Gesamt-GdB von nur 40 gebildet werde. Zudem hat der Kläger auf das HNO-Fachgutachten von Frau Prof. Dr. Sch., das im Verfahren vor dem SG München, Az.: S 9 U 201/08, erstellt worden war, verwiesen

Das SG hat dieses Gutachten sowie weitere Befundunterlagen ausgewertet. Sodann hat es den Facharzt für Orthopädie und Allgemeinmedizin Dr. W. als Sachverständigen beauftragt. In seinem Gutachten vom 14.12.2009 hat Dr. W. u.a. die vom Kläger vorgebrachten Behinderungen dargestellt. Im Wesentlichen, so habe der Kläger angegeben, sei er durch Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparats und seiner Wirbelsäule behindert, sei bei allen Gartenarbeiten beeinträchtigt. Er habe Schmerzen beim Bücken und insbesondere beim Wiederaufrichten. Längere Wege seien immer mit zunehmenden Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule und der Gelenke beeinträchtigt. M...

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