Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Schiedsspruch zur Durchführung der hausarztzentrierten Versorgung. Verpflichtungsbescheid der Aufsichtsbehörde zum Vollzug des Schiedsspruches
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Schiedsspruch zur Durchführung der hausärztlichen Versorgung ist von den Beteiligten zu vollziehen, auch wenn der Schiedsspruch einzelne Fragen ungeregelt lässt.
2. Weigert sich eine der Beteiligten, den Schiedsspruch zu vollziehen, ist es Aufgabe der Aufsichtsbehörde, auf den Vollzug hinzuwirken und erforderlichenfalls mit aufsichtlichen Maßnahmen einzuschreiten.
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Der Streitwert wird auf 2.500.000,- Euro festgesetzt.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Rechtmäßigkeit des aufsichtsrechtlichen Verpflichtungsbescheides des Antragsgegners vom 28.05.2015.
1. Die Klägerin ist eine landesunmittelbare gesetzliche Krankenkasse, die eine besondere hausärztliche Versorgung (hausarztzentrierte Versorgung) nach § 73b SGB V im Zusammenwirken mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. (BHÄV) ins Werk gesetzt hat. In der Vergangenheit hat die Klägerin mit dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. mehrere Verträge zur Durchführung der hausärztlichen Versorgung nach § 73b SGB V geschlossen (HzV-Vertrag). Der Vertrag vom 12.02.2009 wurde von der Klägerin gekündigt zum 31.12.2010, der Vertrag vom 13.02.2012 (aufgrund Schiedsspruch) wurde von der Klägerin zum 30.06.2014 gekündigt. In der Folge erzielten die Klägerin und der Bayerische Hausärzteverband e.V. keine Einigung über den Abschluss eines Vertrages zur hausärztlichen Versorgung, weshalb ein Schiedsverfahren eingeleitet wurde. Als Schiedsperson setzte die Aufsichtsbehörde nach Landesrecht, das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (BayStMGP), Herrn Dr. H. K. (Dr. K.) ein. Dieser erließ am 05.05.2014 einen "Teil-Schiedsspruch", mit dem die Fortgeltung des zum 30.06.2014 gekündigten HzV-Vertrages 2012 bis zum Wirksamwerden eines neuen HzV-Vertrages angeordnet wurde. Hiergegen hatte die Antragstellerin Klage erhoben zum Sozialgericht München (Az.: S 49 KA 239/14).
2. Mit weiterem Schiedsspruch vom 19.12.2014 setzte Dr. K. aufgrund mündlicher Verhandlungen den Inhalt des Vertrages zur hausarztzentrierten Versorgung gemäß § 73b SGB V fest. Dieser Vertrag sollte zum 03.03.2015 in Kraft treten und zum 01.04.2015 finanzwirksam werden gemäß § 20 Abs. 3 des HzV-Vertrages. Der Vertrag blieb durch das BayStMGP unbeanstandet. Die Klägerin hat auch gegen diesen Schiedsspruch Klage erhoben zum Sozialgericht München (Az.: S 39 KA 228/15). Sie hat dabei zahlreiche Regelungen des Schiedsspruches gerügt wie beispielsweise die Ausgestaltung als Vollversorgungsvertrag, die Vergütungssystematik, die Einrichtung eines Beirats als internes Streitbeilegungsgremium etc.
Mit Schreiben vom 02.03.2015 teilte das BayStMGP der Klägerin und dem Bayerischen Hausärzteverband e.V. mit, dass es den von Dr. K geschiedsten HzV-Vertrag nicht beanstanden werde. Nach einer Gesamtwürdigung der Festsetzungen sowie der Gründe des Schiedsspruches sei kein Rechtsverstoß erkennbar. Gleichwohl bestand zwischen den Vertragsparteien weiterhin Uneinigkeit über die Rechtmäßigkeit des geschiedsten HzV-Vertrages. Das BayStMGP bemühte sich in mehreren moderierten Gesprächen, eine Einigung der Vertragsparteien herbeizuführen im Hinblick auf noch zu vereinbarende oder anzupassende Anlagen des Vertrages. Es fanden zur Umsetzung der hausarztzentrierten Versorgung und der vertraglichen Regelungen dazu zwischen der Klägerin und dem BHÄV zahlreiche strukturierte und in Bezug auf eine lückenlose Fortsetzung der hausarztzentrierten Versorgung ziel- sowie lösungsbezogene Besprechungen statt in den Räumlichkeiten des BayStMG, auch unter Beteiligung der Leitung des Hauses. Zum Inhalt des Gespräches zwischen Frau Staatsministerin H., dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin und dem Vorsitzenden des BHÄV am 09.03.2015 wird hinsichtlich der Position der Klägerin auf Bl. 94 - 103 der Beklagtenakten, welche der Klägerin vollumfänglich im vorbereitenden Verfahren der Berufung zur Einsicht vorgelegen haben, Bezug genommen gemäß § 136 Abs. 2 SGG. Zur dort verabredeten Delegation und weiterem Vorgehen erfolgt Bezugnahme auf Bl. 111 Beklagtenakten, hinsichtlich der Position des BHÄV auf Bl. 139 - 150. Am 11.03.2015 fand ein weiteres Gespräch auf Fachebene statt, zum Inhalt wird Bezug genommen auf den Vermerk auf Bl. 1320 und 1321 der Beklagtenakten. Zur Position der Klägerin danach, einschließlich der Ablehnung der Maximalposition des BHÄV sowie des eigenen Interimsangebotes wird auf das Schreiben der Klägerin vom 13.03.2015, Bl 112, 113 der Beklagtenakten Bezug genommen; zum Gesprächsverlauf aus Sicht der Klägerin erfolgt Bezugnahme auf Bl. 115. Zum Gespräch vom 16.03.2015 wird Bezug genommen auf den Vermerk auf...