Verfahrensgang
SG München (Urteil vom 18.04.1962) |
Nachgehend
Tenor
1.) Das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. April 1962 wird insoweit aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Juli 1961 insoweit abgewiesen, als sie die Rückforderung von Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung betreffen.
2.) Die Anschlußberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3.) Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
4.) Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger war vom 1. Juni 1960 bis 31. März 1961 als kaufmännischer Angestellter bei der Firma … und … beschäftigt und Mitglied der Beklagten gewesen. Weil der Kläger infolge Erkrankung ab 19. März 1961 seinen Resturlaub von elf Tagen bis zum Ausscheiden aus der Firma nicht mehr einbringen konnte, gewährte ihm die Firma eine Urlaubsabgeltung in Höhe von DM 222,20 und überwies diese zusammen mit dem Restgehalt für den Monat März per Postscheck an den Kläger am 4. April 1961. Aus der Urlaubsabgeltung führte die Firma Beiträge zur Sozialversicherung und Arbeitslosenversicherung ab. Den Antrag des Klägers, ihm die nach seiner Meinung zu Unrecht entrichteten Beiträge in Höhe von DM 38,95 zurückzuerstatten, weil Urlaubsabgeltungen kein Entgelt im Sinne des § 160 der Reichsversicherungsordnung (RVO) seien, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juli 1961 ab.
Nach erfolglosem Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 21. August 1961) erhob der Kläger Klage. Er machte unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 15. Oktober 1957 (Band 6 S. 47) geltend, daß Urlaubsabfindungen nur dann sozialversicherungspflichtiges Entgelt darstellen, wenn das Beschäftigungsverhältnis über den Zeitpunkt der Gewährung hinaus bestehe, was bei ihm nicht der Fall gewesen sei. Die Beklagte berief sich darauf, daß die Beitragspflicht von Urlaubsabgeltungen sich allein nach dem Gemeinsamen Erlaß des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers vom 10. September 1944 (Amtliche Nachrichter – AN – 1944 S. 281) richte. Wenn der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung im Bescheid vom 24. Juni 1959 (Wege zur Sozialversicherung 1959 S. 277) die Ansicht vertrete, daß die nach Beendigung des Beschäftigungverhältnisses gezahlten Urlaubsabgeltungen beitragsfrei blieben, weil die Vorschrift des § 160 Abs. 3 RVO das Bestehen eines Beschäftigungverhältnisses voraussetzte, habe er die Regelung im Gemeinsamen Erlaß außer Acht gelassen. Die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte führte im Gegensatz zu der von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vertretenen Ansicht aus, daß Urlaubsabgeltungen, die bei oder nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses, das durch die Preisgabe der Verfügungsgewalt des Arbeitgebers und Aufgabe der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers gekennzeichnet sei, beitragsfrei seien.
Mit Urteil vom 10. April 1962 hob das Sozialgericht München die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger die Arbeitnehmeranteile zur Sozial- und Arbeitslosenversicherung aus der Urlaubsabgeltung (in Höhe von DM 222,20) zurückzuzahlen. In den Gründen führte die Kammer im wesentlichen aus, daß nach § 160 Abs. 3 RVO einmalige Zuwendungen, wozu Urlaubsabgeltungen zählten, nur dann bei der Beitragsabrechnung berücksichtigt werden könnten, wenn sie den Charakter von Entgelt haben und während des Beschäftigungverhältnisses gewährt werden. Die Urlaubsabgeltung sei aber ein Ausfluß der Treue- und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und finde ihren Grund in den in der Vergangenheit abgeleisteten Diensten; sie hätte somit nicht den Charakter eines Entgelts. Sie sei auch nicht vor der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Kläger gewährt worden. Somit handle es sich um eine einmalige Zuwendung, die zwar der Lohnsteuerpflicht, nicht aber der Sozialversicherungspflicht unterliege.
Gegen das Urteil legte die beigeladene Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung Berufung ein. Sie ist der Ansicht, daß § 160 Abs. 3 RVO nicht die Frage regle, ob einmalige Zuwendungen als Entgelt anzusehen seien, sondern nur die Frage, in welchem Zeitabschnitt sie bei der Berechnung der Beiträge zu berücksichtigen seien. Diese Bestimmung ändere deshalb nicht daran, daß einmalige Zuwendungen aufgrund des Gemeinsamen Erlasses vom 10. September 1944 sozialversicherungspflichtiges Entgelt seien. Auch wenn man es darauf abstelle, daß der Anspruch auf Urlaubsabgeltungen während des bestehenden Beschäftigungverhältnisses bestanden haben müsse, seien die Urlaubsabgeltungen beitragspflichtiges Entgelt.
Der Kläger wandte dagegen noch ein, daß die Urlaubsabgeltung nach § 35 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung in der Fassung vom 22. Juli 1959 als einmaliger Bezug pauschal zu versteuern sei und deshalb nach Ziff. 4 und 5 des Gemeinsamen Erlasses für die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung nicht heranzuziehen sei. Er legte ...