Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Beschäftigungslosigkeit. Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Abgrenzung des leistungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses. dauernde Arbeitsunfähigkeit. kein Verzicht auf das Direktionsrecht durch Arbeitgeber

 

Leitsatz (amtlich)

Auch wenn ein langfristig arbeitsunfähig erkrankter Versicherter bei bestehendem Arbeitsverhältnis Arbeitslosengeld beantragt, ist die Frage, ob eine tatsächliche Beschäftigungslosigkeit vorliegt, nach der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen. Die dauernde Arbeitsunfähigkeit führt zu Beschäftigungslosigkeit, wenn der Arbeitnehmer objektiv die vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringen kann und Anspruch auf Entgeltfortzahlung sowie Krankengeld nicht mehr besteht. Hinzukommen muss, dass dem Arbeitnehmer ein Restleistungsvermögen verbleibt, das er am Arbeitsmarkt einsetzen kann. Ist dies gegeben, kann er arbeitslos sein.

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 23. August 2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit zwischen dem Ende des Verletztengeldbezuges (13. August 2003) und dem Abschluss eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht B-Stadt am 20. November 2003 also für die Zeit vom 14. August 2003 bis zum 19. November 2003 zu zahlen.

Der 1952 geborene Kläger ist gelernter Hochofen-Facharbeiter und war bei der Firma M. AG Firma M. zuletzt als Gruppenführer versicherungspflichtig beschäftigt. Am 8. Mai 2001 wurde er Opfer eines arbeitsplatzbedingten Totschlagsversuchs. Der Täter wurde mit Urteil des Landgerichts B-Stadt vom 6. Dezember 2001 wegen Totschlagsversuchs in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Die Süddeutsche Metall-BG hatte dem Kläger am 7. Mai 2003 mitgeteilt, dass die Verletztengeldzahlung zum 26. Mai 2003 eingestellt werde, weil qualifizierende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht möglich seien. Es verbleibe die Möglichkeit, sich mit dem Arbeitgeber über die Zuweisung eines geeigneten Arbeitsplatzes zu einigen. Ansonsten könne Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt werden. Es bestehe dann die Möglichkeit, sich für die Zwischenzeit bei der Agentur für arbeitslos zu melden.

Der Kläger machte von der Möglichkeit, Rentenantrag zu stellen keinen Gebrauch und erhob am 25. Juni 2000 gegen die Firma M. Klage zum Arbeitsgericht B-Stadt. Er beantragte eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der bisherigen vertraglichen Bedingungen aber außerhalb seiner bisherigen Abteilung.

Mit Schreiben vom 2. Juli 2006 führte die Firma M. gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers im arbeitsgerichtlichen Verfahren aus, die Arbeitsleistung des Klägers sei nie abgelehnt worden. Man habe jedoch Zweifel an der Arbeitsfähigkeit des Klägers. Dem Kläger sei am 19. Mai und am 22. Mai 2003 seine bisherige Einsatztätigkeit wieder angeboten worden. Man entnehme dem Vorbringen des Klägers, dass er wieder arbeitsfähig sei. Danach fehle er unentschuldigt an seinem Arbeitsplatz seit dem 26. Mai 2003. Man bitte um schnellstmögliche Klärung der Abwesenheitsgründe und um Mitteilung, wann der Kläger seine Tätigkeit wieder aufnehmen werde.

Im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens trug der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 1. Oktober 2003 vor, die angebotene Stelle als angelernter Former sei mit einem geringeren Lohn verbunden und nur mit einer Lohngarantie für 2 Monate. Zudem sei die Stelle erneut im gleichen Arbeitsbereich. Es werde bestritten, dass weitere Arbeitsplätze nicht angeboten werden könnten. Auch das Arbeitsgericht habe bereits darauf hingewiesen, dass eine Verpflichtung der Beklagten zu einer Versetzung des Klägers auf einen zumutbaren Arbeitsplatz in Betracht komme.

Ebenso erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg gegen die Beendigung der Verletztengeldzahlung. Dieses Klageverfahren gegen die Süddeutsche Metal - BG (S 8 U 366/03) wurde am 31. Mai 2005 durch die vergleichsweise Regelung beendet, mit der die Verletztengeldzahlung bis 13. August 2003 verlängert wurde.

Am 28. Mai 2003 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Alg. Er sei noch bis zum 26. Mai 2003 krankgeschrieben gewesen, seine Vermittlungsfähigkeit sei weder nach Tätigkeit noch nach Arbeitsstunden eingeschränkt. Er sei bereit, alle Möglichkeiten zu nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Auch habe er noch Ansprüche gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber. Als Grund gab er an: "ein anderer Arbeitsplatz".

In der Arbeitsbescheinigung vom 3. Juni 2003 gab die Firma M. an, der Kläger sei vom 9. April 1979 bis derzeit als Ausleerer beschäftigt gewesen. Seit dem 19. Juni 2001 sei er krank und habe kein Arbeitsentgelt erhalten. Die Beklagte vermerkte: "Arbeitsverhältnis wurde nicht gekündigt. Ansp...

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