Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerbsminderungsrente: Rechtsschutzbedürfnis für eine Rentenklage. Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen. Nachweis von Funktionseinschränkungen
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
1. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Rentenklage kann nicht deshalb verneint werden, weil es keine Belege für ein finanzielles Interesse des Klägers im Gefolge der von ihm geäußerten Hoffnung, dass eine Erwerbsminderungsrente nicht in vollem Umfang mit der Pension verrechnet werde, gibt.
2. Eine Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen setzt voraus, dass zu den Einschränkungen der Belastbarkeit, wie sie üblicherweise bei physisch und teilweise psychisch geschwächten Erwerbsfähigen zu beobachten sind, besondere weiter reichende Einschränkungen hinzutreten.
3. Die Frage der Rentengewährung wegen Erwerbsminderung knüpft an Funktionseinschränkungen im Erwerbsleben an. Ein Nachweis, dass eine Erkrankung nicht vollständig überwunden gewesen ist, hat keine unmittelbare Auswirkung auf die Frage des Nachweises von Funktionseinschränkungen im rentenberechtigenden Umfang.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.09.2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger auf seinen Antrag vom 31.12.2009 hin einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat.
Nach eigenen Angaben begann der 1951 geborene Kläger im August 1965 eine Schmiedelehre, schloss die Ausbildung ab und übte diesen Beruf bis Februar 1971 aus. Danach machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker und war - mit Unterbrechungen - bis März 1977 in diesem Beruf tätig. Es folgten Tätigkeiten als Sicherheitstechniker, Versuchstechniker und Lehrkraft an der Städtischen Berufsfachschule für Maschinenbau in J-Stadt. Nach Absolvieren einer pädagogischen Ausbildung legte er 1988 die Anstellungsprüfung als gewerblicher Fachlehrer mit Erfolg ab und war danach in diesem Beruf tätig, seit 12.09.1989 versicherungsfrei als Beamter.
Am 27.09.1967 erlitt der Kläger als Berufsschüler einen Wegeunfall mit u.a. Gehirnerschütterung, Unterkieferbruch, Unterschenkelbruch und Verletzung des rechten Armes. Die gesundheitlichen Unfallfolgen wurden u.a. chirurgisch durch Priv.-Doz. Dr. P. am 03.10.1972 (Abschluss 02.12.1972), nervenärztlich durch Dr. S. am 12.12.1972 und durch Dr. K./Dr. H. am 28.11.1973 begutachtet und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 angenommen. Neuerliche Gutachten wurden durch den Chirurgen Dipl.Med. W. am 30.07.1996, den Nervenarzt Dr. G. am 01.08.1996, den HNO-Arzt Dr. H. am 14.08.1996 und den Orthopäden Dr. A. am 18.05.1998 erstellt. Ärztliche Atteste wurden u.a. von Prof. Dr. G. von der Chirurgischen Klinik der Universität E. am 09.03.1998 und von Dr. P. am 24.01.2001 ausgestellt.
Am 08.03.2001 erfolgte im Unterricht an der Staatlichen Berufsschule I in E-Stadt ein tätlicher Angriff eines Schülers auf den Kläger, der zu gesundheitlichen Folgeerscheinungen führte und als Dienstunfall angesehen wurde.
Im September 2001 wurde eine stationäre psychosomatische Behandlung des Klägers in der Psychosomatischen Klinik W. abgebrochen; die Therapie der schweren posttraumatischen Belastungsstörung mit mittelgradiger depressiver Episode erfolgte im Anschluss ambulant beim Nervenarzt Dr. K..
Am 07.03.2002 wurde der Kläger von der Ärztin für Öffentliches Gesundheitswesen Dr. B. für ein Gutachten im Gerichtsverfahren S 5 SB 572/99 untersucht. Am 21.03.2002 wurde ein Kurzgutachten von der Medizinaloberrätin Dr. K. vom Gesundheitsamt in G-Stadt erstellt und am 16.05.2002 äußerte sich Dr. S. zur Begutachtung der Dienstfähigkeit. In den Unfallstreitsachen S 11 U 413/98 und S 11 U 147/99 B wurde ein neurologisches Gutachten des Dr. M. vom 23.04.2002 vorgelegt. Hierbei wurde - soweit es Gegenstand der jeweiligen Befassung war - eine persistierende posttraumatische Belastungsstörung bzw. neurotische Störung mit depressiven Zügen beschrieben.
Der Kläger wurde durch Urkunde des Freistaates Bayern vom 23.08.2002 in den Ruhestand versetzt, wobei das weitere Vorliegen dieser Voraussetzungen durch Nachkontrollen geprüft wurde.
Der behandelnde Nervenarzt Dr. K. berichtete in einem Attest vom 21.10.2002 und sah die Prognose eher ungünstig. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Auswirkungen des Dienstunfalls wurde der Kläger am 29.04., 08.05. und 17.06.2003 für ein Gutachten durch Prof. Dr. K. und Dr. H. am Klinikum der Universität J-Stadt auf psychiatrischem Fachgebiet untersucht. Eine erneute Äußerung von Dr. S. datierte vom 12.08.2004. Ein weiteres Gutachten von Prof. Dr. K. geht auf Untersuchungen vom 14.11. und 30.11.2006 zurück. Darin wurde jeweils das Fortbestehen der posttraumatischen ...