rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 08.01.1986; Aktenzeichen S 14 U 280/84) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.01.1986 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der verstorbene Versicherte H. B. (H.B.) einen Anspruch auf Anerkennung und Entschädigung einer chronisch-myeloischen Leukämie als Berufskrankheit (BK) hatte.
Der am 1941 geborene und am 24.05.1999 verstorbene Versicherte H.B. war vom 01.03.1958 bis 02.02.1961 Schriftsetzer- und vom 01.03.1961 bis 28.02.1963 Buchdruckerlehrling in der Buch- und Kunstdruckerei J.H. (Regensburg). In der Zeit vom 01.03.1963 bis 30.09.1963 arbeitete er dort als Buchdrucker.
Am 03.06.1983 teilte H.B. der Beklagten mit, dass er seit dem 03.05.1979 an Leukämie erkrankt sei. Die Ursache sei seine frühere berufliche Tätigkeit in der Druckerei H ... Wie er mit Schreiben vom 31.05.1984 ausführt, habe er zu Beginn seiner Lehrzeit 21 Tage ganztags Messinglinien mit Benzol gereinigt, danach im ersten Lehrjahr noch zweimal jedes Mal ca eineinhalb Wochen, im zweiten Lehrjahr noch einmal ca eineinhalb Wochen. Danach habe er keine weiteren Zeiten mit Benzol Kontakt gehabt. Das Benzol sei täglich in großen grünen Flaschen vom Hilfsarbeiter B. aus einer nahen Apotheke besorgt worden. Die verschmutzten Messinglinien seien in großen Plastikschüsseln gesammelt worden und mit Benzol aufgegossen worden. Er habe durch das Putzen Ekzeme an Händen und Armen bekommen und ab Frühsommer 1958 an einer hartnäckigen Magenschleimhautentzündung sowie unter ständigen Kopfschmerzen, die einen hohen Schmerztablettenkonsum zur Folge hatten, gelitten.
Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Auskünfte der Dr.K.E. (Krankenhaus München-Schwabing vom 07.07.1983, 20.07.1983), der Firma E. Druck-GmbH (Regensburg) - Nachfolgefirma der Firma H. - vom 20.07.1983, der Allgemeinen Ortskrankenkasse Regensburg vom 02.07.1983, der Technikerkrankenkasse vom 20.08.1983, des Internisten Dr.D.G. (Ansbach) mit Krankenunterlagen des Krankenhauses München-Schwabing, ein Gutachten des Dr.H.K. (Nürnberg) vom 24.07.1979, erstellt für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Berlin, bei und holte nach Einholung einer Stellungnahme des Gewerbearztes Dr.H.G.M. (Bayerisches Landesinstitut für Arbeitsmedizin, München) vom 20.10.1983 ein Gutachten des Prof.Dr.H.V. (Erlangen) vom 09.04.1984 mit radiologischem Zusatzgutachten des Dr.G.S. (Erlangen) vom 27.02.1984 ein.
Prof.Dr.H.V. ging davon aus, dass H.B. als Lehrling in der Firma H. einer Exposition gegenüber Benzol von vier bis fünf Wochen ausgesetzt gewesen sei. Diese Exposition bezeichnete er unter Berücksichtigung der relevanten wissenschaftlichen Literatur als zu kurz, um mit Wahrscheinlichkeit Ursache für die beim Kläger festgestellte chronisch-myeloische Leukämie zu sein. Auch handele es sich bei benzolinduzierten Leukämien ganz überwiegend um akut-myeloische Leukämien und nur in ganz seltenen Fällen um chronisch-myeloische Leukosen. Ein Ausschluss der kurzzeitigen Benzoleinwirkung als mitursächlicher Faktor sei nicht mit Sicherheit möglich. Jedoch fehlten beim derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eindeutig die Voraussetzungen, um die diagnostizierte chronisch-myeloische Leukämie als Berufskrankheit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründen zu können.
Der staatliche Gewerbearzt Dr.H.G.M. schloss sich am 04.05.1984 diesen Ausführungen an.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Gewerbearztes Dr.Dipl.- Chemiker R.M. (Bochum) vom 04.10.1984 lehnte es die Beklagte mit Bescheid vom 27.11.1984 ab, dem Versicherten H.B. eine Entschädigung wegen einer BK zu gewähren.
Gegen diesen Bescheid hat H.B. Klage beim Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben und beantragt, ihm unter Anerkennung der chronisch-myeloischen Leukämie als BK gem § 551 Abs 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm Nr 1302 der Anl 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) Rente zu gewähren. Er bat, die Unterlagen über die Einstellungsuntersuchung von 1958 beizuziehen und wies erneut auf die Entstehung seines Leidens durch den beruflichen Kontakt mit Benzol in der Zeit von März 1958 bis Feburar 1963 hin. In dieser Zeit seien rezidivierende Magenschleimhautenzündungen und ekzematöse Hautveränderungen an den Händen und Unterarmen sowie wiederholt Kopfschmerzen aufgetreten. Die Ventilation in der Setzerei, in der ständig Schüsseln mit Benzol herumgestanden hätten, sei schlecht gewesen.
Das Sozialgericht hat A.E. als Zeugen eidlich einvernommen und ein Gutachten des Internisten Dr.H.P. (Schwarzenbruck) vom 26.03.1985/30.09.1985 eingeholt. Der Sachverständige ging von einer maximalen Expositionszeit des H.B. gegenüber Benzol von acht bis neun Wochen sowie Kontakten mit Trichlorethen und einer einmaligen Einwirkung von Xylol aus und legte dar, einer regelmäßigen Benzolexposition des H.B. in der Zeit von 1958 bis 1963 se...