Entscheidungsstichwort (Thema)
Einholung eines Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren. Erscheinen des Versicherten zum Zweck der Begutachtung beim Sachverständigen. Mitwirkungspflicht des Versicherten. Vorliegen von Erwerbsminderung. fehlende Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
Leitsatz (amtlich)
1. Soll Beweis erhoben werden durch Einholung eines Sachverständigengutachtens, trifft den Kläger die Obliegenheit, zum Zweck der Begutachtung beim Sachverständigen zu erscheinen. Das Gericht kann den Kläger nicht zwingen, sich einer Untersuchung und Begutachtung zu unterziehen. Verweigert er indessen eine Begutachtung, so hat er die prozessrechtlichen Folgen seines Verhaltens zu tragen.
2. Nach den auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwendenden Grundsätzen des § 65 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) besteht eine Mitwirkungspflicht des Versicherten nur dann nicht, wenn ihm ihre Erfüllung aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden bzw bei Untersuchungen im Einzelfall ein Schaden für Leben und Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann.
Orientierungssatz
Allein die fehlende Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowie der begründete Verdacht auf das Vorliegen einer Psychose, die der gesundheitlichen Eignung für eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit entgegenstand, können das Vorliegen von Erwerbsminderung nicht begründen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 16. April 2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der 1967 geborene Kläger machte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt (FH). Eine Übernahme in das Beamtenverhältnis wurde abgelehnt. Klagen wegen Nichtübernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit und wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe aufgrund mangelnder gesundheitlicher, fachlicher und charakterlicher Eignung wurden vom Verwaltungsgericht abgewiesen (Urteile des Verwaltungsgerichts München vom 07.12.1999, Az.: xxx und xxx). Hinsichtlich der gesundheitlichen Eignung sei die von der Verwaltung angegebene Begründung des bestehenden Übergewichts hinsichtlich des begründeten Verdachts einer psychischen Erkrankung beamtenrechtlich von nachrangiger Bedeutung. Der geäußerte Verdacht auf das Vorliegen einer Psychose aufgrund des Inhalts zahlreicher Schreiben des Klägers an Behörden und das Verwaltungsgericht München sei durchaus begründet. Die insoweit vorliegenden ärztlichen Stellungnahmen würden dies ebenfalls bestätigen. Der Kläger habe einer Aufforderung der Regierung von Oberbayern, sich einer psychiatrischen Untersuchung zu unterziehen, keine Folge geleistet.
Hinsichtlich der Dienstzeit im Rahmen des Beamtenverhältnisses auf Probe beim Freistaat Bayern wurde der Kläger nachversichert. Ausweislich des Versicherungsverlaufes sind Pflichtbeitragszeiten zuletzt bis Oktober 2001 gegeben.
Am 20.06.2013 stellte der Kläger Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.08.2013 ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da ausgehend von der Antragstellung im Zeitraum vom 20.06.2008 bis 20.06.2013 keine Pflichtbeiträge vorhanden seien.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 20.08.2013 Widerspruch ein. Die Beklagte zog Befunde der behandelnden Ärzte bei und holte ein Gutachten des Dr. B., Facharzt für Innere Medizin, vom 18.09.2013 ein. Dieser führte aus, der Kläger leide an einer Adipositas permagna, einer arteriellen Hypertonie und an einem chronischen Lymphödem beider Beine. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien mindestens sechs Stunden täglich möglich. Einer von der Beklagten vorgesehenen weiteren Untersuchung auf psychiatrischem Fachgebiet bei Dr. Q./Dr. S. blieb der Kläger fern.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Unter Berücksichtigung des erstellten Gutachtens seien weder die medizinischen noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Rente gegeben.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und beantragt, den Bescheid vom 16.08.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte, die Akten des Zentrums Bayern Familie und Soziales sowie die Personalakten der Regierung von Oberbayern beigezogen und ein Gutachten bei Dr. A., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, in Auftrag gegeben. Der Kläger hat den vereinbarten Untersuchungstermin nicht wahrgenommen und sich auch nicht für das fehlende...