Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen Erwerbsminderung. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen. 3/5-Belegung. Anwartschaftserhaltungszeiten. Quantitatives Leistungsvermögen. Berufsunfähigkeit. Zeitpunkt des Leistungsfalls. Beweisantrag. Zeuge. Objektive Beweislast

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den gesetzlichen Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.

 

Normenkette

SGB VI §§ 43, 197 Abs. 2-3, §§ 240, 241 Abs. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 07.02.2012; Aktenzeichen B 13 R 392/10 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 14. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1950 geborene Kläger, italienischer Staatsangehöriger, hat keinen Beruf erlernt. Er war zunächst in Italien von August 1968 bis Juli 1969, im Anschluss daran von September 1969 bis Mai 1970 in der Schweiz versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zeiten des Militärdienstes in Italien bis März 1972 war er in Deutschland seit Mai 1972 - mit Unterbrechungen - bis Juni 1992 als Bandarbeiter versicherungspflichtig beschäftigt. Aufgrund des Bezugs von Sozialleistungen sind bis einschließlich Dezember 2003 Pflichtbeitragszeiten für den Kläger verzeichnet. Ab Oktober 2003 weist der Versicherungsverlauf des Klägers keine Zeiten mehr auf. Seit 1. August 2007 bezieht der Kläger eine Invaliditätsrente in Italien.

Nach erfolglos gebliebenen Anträgen des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit vom 16. Oktober 1989 und 30. November 1994 begehrte der Kläger mit Antrag vom 18. November 2002 Rente wegen Erwerbsminderung von der damals zuständigen LVA Baden Württemberg. Diese holte zunächst ein Gutachten des Internisten Dr. G. vom 13. Januar 2003 ein, der aus internistischer Sicht keine Leistungseinschränkungen feststellen konnte, jedoch die Einholung eines neurologisch-psychiatri-schen Gutachtens empfahl. Die daraufhin beauftragte Neurologin und Psychiaterin Dr. S. diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 16. Januar 2003 Hinweise auf eine Pseudodemenz, derzeit ohne gravierende depressive Symptomatik sowie einen auswärts diagnostizierten Spannungskopfschmerz bei Minderbegabung und Verdacht auf frühkindliche Hirnschädigung. Sie kam zu dem Ergebnis, der Kläger könne noch leichte Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Nicht mehr möglich seien Tätigkeiten in Wechsel- oder Nachtschicht, mit Absturzgefahr und an Bildschirmen. Der Antrag wurde daraufhin mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 12. März 2003 abgelehnt.

Mit Antrag vom 15. Dezember 2006 begehrte der Kläger erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung von der Beklagten. Seine gesundheitliche Situation habe sich verschlechtert. Er leide jetzt auch noch unter Diabetes, einer Thrombose im linken Auge sowie einer stark vergrößerten Prostata.

Die Beklagte ließ ein auf dem Formblatt E 213 erstelltes Gutachten von Dr. N., das dem Kläger eine partielle Invalidität von 65 % bescheinigte, sozialmedizinisch auswerten. Danach stellte sie fest, dass der Kläger seit Antragstellung im Dezember 2006 bis zum 30. Juni 2008 auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch 3 bis unter 6 Stunden täglich leistungsfähig sei.

Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit angefochtenem Bescheid vom

10. Oktober 2007 ab, da bei einem Eintritt des Leistungsfalls am 15. Dezember 2006 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Im maßgeblichen Zeitraum vom 15. Dezember 2001 bis 14. Dezember 2006 seien nur 22 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden. Auch seien nicht alle Monate vom 1. Januar 1984 bis 14. Dezember 2006 mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt. Unbelegt sei der Zeitraum Oktober 2002 bis Dezember 2006.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich mit den Jahren sehr verschlechtert. Er leide auch unter einem blutenden Magengeschwür. Auf den Hinweis der Beklagten hin, es müsse nachgewiesen werden, dass der Versicherungsfall vor dem 5. Dezember 2006 eingetreten sei, und es sollten hierzu geeignete Befunde vorgelegt werden, übersandte der Kläger Befundberichte aus den Jahren 1970, 1971, 1984, 1985, 1992,1993, 1994, 1999, 2001, 2002, 2003, 2005, 2006, 2007 und 2008.

Nachdem der ärztliche Dienst der Beklagten festgestellt hatte, aus den vorgelegten Befunden ergebe sich kein Nachweis des Versicherungsfalls vor dem 15. Dezember 2006, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2008 zurück.

Mit der hiergegen zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhobenen Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Der Versicherungsfall sei bereits im Juni 2005 eingetreten. Der Kläger leide an Erkrankungen des neurologisch-psychiatrischen Fachgebietes, einem Diabetes mellitus 2 sowie einem Z...

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