rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Bayreuth (Entscheidung vom 21.12.1999; Aktenzeichen S 11 RJ 1162/98)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 21.12.1999 und der Bescheid der Beklagten vom 26.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.1998 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 15.02.1996 verurteilt, die der Klägerin ab 01.10.1995 gewährte kleine Witwenrente von Beginn an nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuchs - Sechstes Buch - neu festzustellen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Neufeststellung der der Klägerin gewährten Witwenrente in einem Zugunstenverfahren nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

Die am 1960 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Mit Bescheid vom 08.08.1981 gewährte ihr die LVA Hessen eine sog "große" Witwenrente nach § 1268 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aus der Versicherung des am 1957 geborenen und am 02.10.1980 verstorben Versicherten I. N ... Nach Verzug der Klägerin in ihre türkische Heimat gewährte die Beklagte als die nach den Bestimmungen des deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommens zuständige Verbindungsstelle diese Rente mit Bescheid vom 24.01.1986 als Auslandsrente in Höhe von zuletzt 932,25 DM monatlich weiter.

Im August 1995 teilte die Klägerin der Beklagten telefonisch ohne Angabe eines Zeitpunktes mit, dass ihr Sohn Zihem nicht mehr von ihr erzogen werde. Auf Nachfrage der Beklagten bestätigte die Klägerin am 07.02.1996 schriftlich, dass ihr Sohn am 15.09.1995 zu seinem Großvater gezogen sei.

Mit Bescheid vom 15.02.1996 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin ab dem 01.10.1995 lediglich die "kleine" Witwenrente in Höhe von 117,53 DM monatlich. Bei deren Berechnung wurde fiktiv eine kleine Witwenrente nach dem Recht der RVO zum Todeszeitpunkt des Versicherten I. N. zugrunde gelegt und auf den Stand zum 31.12.1991 hochgerechnet. Dabei wurden die Werte der nach den Vorschriften der RVO berechneten großen Witwenrente berücksichtigt und die Zurechnungszeit (ZZ) außer Acht gelassen, so dass anstelle von 466 nur noch 88 Kalendermonate (also die der ZZ entsprechenden 378 Kalendermonate weniger) zur Anrechnung kamen. Bei der Umwertung ermittelte die Beklagte den Zwischenwert der maßgebenden Entgeltpunkte (EP) durch (zweimalige) Teilung mit dem aktuellen Rentenwert am 31.12.1991 (21,44) und mit dem Rentenartfaktor 0,25 für die kleine Witwenrente (fiktiver Zahlbetrag nach altem Recht 105,20 DM: 41,44 = 2,5386: 0,25 = 10,1544 EP, die sich durch den Zuschlag nach Art 82 des Rentenreformgesetzes 1992 -RRG 1992- auf 10,1688 EP erhöhten). Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 23.02.1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Überprüfung dieses Rentenbescheides nach § 44 SGB X. Der Versicherungsfall der kleinen Witwenrente sei am 01.10.1995 eingetreten und somit neues Recht anzuwenden gewesen. Zwar betrage der Rentenartfaktor nur noch 0,25, jedoch seien jetzt die Zurechnungszeiten zu berücksichtigen. Selbst bei Anwendbarkeit des bis 31.12.1991 geltenden Rentenrechts stehe die Witwenrente mit einem höheren Zahlbetrag zu, weil ihre Berechnung mit dem Rentenartfaktor 0,4 zu erfolgen habe.

Mit Bescheid vom 26.01.1998 lehnte die Beklagte die Neufeststellung der kleinen Witwenrente ab. Diese habe nicht nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) berechnet werden dürfen. Mangels Neuberechnung der Witwenrente sei die Besitzschutzvorschrift des § 88 Abs 2 SGB VI nicht anwendbar. Die nach § 307 SGB VI umgewertete große Witwenrente habe jedoch eine Zurechnungszeit enthalten, so dass nicht auf die durch Umwertung dieser Rente ermittelten EP zurückgegriffen werden dürfe, die fiktive Berechnung im Bescheid vom 15.02.1996 (ohne ZZ) vielmehr zu Recht erfolgt sei.

Der hiergegen am 03.11.1998 eingelegte Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 03.12.1998).

Dagegen hat die Klägerin am 23.12.1998 Klage zum Sozialgericht (SG) Bayreuth erhoben.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 21.12.1999 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Neufeststellung der kleinen Witwenrente nach den Vorschriften des SGB VI. Eine solche habe nur dann zu erfolgen, wenn weitere, bislang unberücksichtigt gelassene rentenrechtlich relevante Zeiten hinzukämen oder die Rente bei Eintritt eines neuen Versicherungsfalles nach jetzt geltendem Recht festzustellen sei. Nach der RVO beruhe die Witwenrente auf einem einheitlichen Versicherungsfall. Erst durch das SGB VI seien die kleine und die große Witwenrente als eigenständige Ansprüche ausgestaltet worden. Mit dem Wegfall der Erziehung des Kindes Zihem durch die Klägerin sei deshalb kein neuer Versicherungsfall eingetreten. Die Beklagte habe folglich bei der Umwandlung der großen in die kleine Witwenrente zu Recht die Berechnungsvorschrift des § 1268 Abs 1 RVO a...

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