Entscheidungsstichwort (Thema)

Fortwirkung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 231 Abs 1 S 1 SGB 6 nach einem Wechsel in eine unbefristete Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber und anschließender Rückkehr zum originären Arbeitgeber

 

Orientierungssatz

Wechselt ein Arbeitnehmer aus einer Beschäftigung, für die er gem § 231 Abs 1 S 1 SGB 6 von der Versicherungspflicht befreit ist, in eine unbefristete Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber und nimmt er, nachdem er diese Tätigkeit wiederum aufgibt, erneut eine Beschäftigung beim Arbeitgeber auf, bei dem er auch die Beschäftigung ausübte, in deren Rahmen er ursprünglich von der Versicherungspflicht befreit wurde, erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht gem § 231 Abs 1 S 1 SGB 6 nicht mehr auf die nunmehrige Tätigkeit.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.09.2020; Aktenzeichen B 5 RE 6/19 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird unter Abänderung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts München vom 19.04.2018 der Bescheid vom 23.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.01.2015 aufgehoben.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die notwendigen Auslagen des Klägers hat die Beklagte zu 1/3 zu erstatten.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger in seiner Beschäftigung von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

Der Kläger wendet sich gegen die Entscheidung, dass er für die am 01.11.2005 aufgenommene Beschäftigung bei der U. AG (i. f.: U.) nicht von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit ist und begehrt die Feststellung, dass der auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) erteilte Befreiungsbescheid vom 01.03.1989 für die derzeitige Tätigkeit weiterhin Gültigkeit besitzt.

Ab dem 01.10.1989 war er als juristischer Mitarbeiter bei der U. in A-Stadt angestellt. Zwischen März bis Oktober 2005 war er seinen Angaben im Verwaltungsverfahren zufolge bei einem anderen Unternehmen als Angestellter tätig und ist seit dem 01.11.2005 wieder bei seinem früheren Arbeitgeber, der U. AG, angestellt. Er trägt selbst vor, kein sog. Syndikusrechtsanwalt zu sein und deshalb eine solche Zulassung nicht erhalten zu haben, weshalb die zu § 6 Abs. 1 SGB VI ergangene Rechtsprechung nicht einschlägig sei. Er ist als Rechtsanwalt zugelassen.

Mit Bescheid vom 01.03.1989 hatte die Beklagte den damals in einer Rechtsanwaltskanzlei in U-Stadt tätigen Kläger nach § 7 Abs. 2 AVG ab dem 01.12.1988 von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Der Kläger ist seither Mitglied des Versorgungswerkes der Rechtsanwälte Baden-Württemberg sowie der Rechtsanwaltskammer C-Stadt.

Mit Schreiben vom 20.07.1989 hatte er der Beklagten sodann mitgeteilt, aus der Rechtsanwaltskanzlei ausgeschieden zu sein und eine Stelle in der freien Wirtschaft antreten zu wollen. Er erkundigte sich danach, ob er dann der gesetzlichen Rentenversicherung unterliege oder auch weiterhin bei dem Versorgungswerk versichert bleiben könne.

Mit Schreiben vom 18.08.1989 hatte die Beklagte sinngemäß mitgeteilt, dass die nach § 7 Abs. 2 AVG erteilte Befreiung vom 01.03.1989 erst dann zu widerrufen sei, wenn die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung ende, keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten seien oder Versorgungsabgaben nicht mehr einkommensbezogen zu entrichten seien. Ein Widerruf der Befreiung sei nicht vorzunehmen, nur weil die Beschäftigung oder Tätigkeit, für die die Befreiung beantragt worden sei, beendet sei.

Erst mit Schreiben vom 29.07.2014 (Eingang 31.07.2014) wendete sich der Kläger unter Hinweis auf diese Auskunft erneut an die Beklagte und bat um schriftliche Bestätigung der fortbestehenden Befreiung, weil sein Arbeitgeber (U.) diese von ihm fordere.

Mit Bescheid vom 23.10.2014 tenorierte die Beklagte, dass der Antrag vom 31.07.2014 auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VI für die am 01.11.2005 neu aufgenommene Beschäftigung als Syndikusrechtsanwalt bei der U. abgelehnt werde.

Dagegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt und darauf hingewiesen, dass er keine Befreiung als Syndikusanwalt nach § 6 SGB VI beantragt habe, sondern eine Feststellung wolle, dass die Befreiung vom 01.03.1989 weiterhin Gültigkeit habe. Die erteilte Befreiung sei personenbezogen und nicht tätigkeitsbezogen erteilt und nicht aufgehoben. Sie sei damit noch wirksam. Auch sei er noch Mitglied des Versorgungswerks und entrichte Beiträge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Begründung folgt erneut der Problematik der Befreiung der Syndikusrechtsanwälte gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Ergänzt wird, dass auch aus dem Schreiben vom 18.08.1989 kein Vertrauensschutz hergeleitet werden könne. Dort sei nicht ausgeführt worden, dass die Befreiung personenbezogen wirke. Es sei nur eine tätigkeitsbezogene Befreiung erteilt wo...

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