Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung von in Rumänien zurückgelegten Beschäftigungszeiten. Fremdrentenrecht. Heimarbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zum Nachweis von in Rumänien zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG (6/6-Anerkennung).
2. Für Heimarbeiter aus dem Produktionsvolumen errechnete Beschäftigungszeiten können lediglich als glaubhaft gemachte Beitragszeiten iSv § 22 Abs 3 FRG Berücksichtigung finden.
3. Die Berechnung der Arbeitszeit von in Heimarbeit beschäftigter Personen durch Vergleich mit dem Produktionsvolumen von Vollzeitkräften kann in der Regel nicht für den Nachweis einer höheren Beitragsdichte als 5/6 herangezogen werden.
Orientierungssatz
Die für die rumänischen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) bestehenden Besonderheiten hinsichtlich der Annahme, dass bei einer ununterbrochenen LPG-Mitgliedschaft auch entsprechende Beiträge zur Sozialversicherung ohne Unterbrechung entrichtet worden sind, sind auf den vorliegenden Fall der Heimarbeit nicht übertragbar.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG München vom 24.6.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer höheren Rente unter Berücksichtigung von der Klägerin in Rumänien zurückgelegter Beschäftigungszeiten als nachgewiesene Beitragszeiten gemäß § 15 FRG ("6/6-Anrechnung").
Die 1942 in B./Rumänien geborene Klägerin ist am 05.06.1990 aus Rumänien nach Deutschland übergesiedelt. Sie ist im Besitz des Vertriebenenausweises A und bezog ab 16.11.1989 eine Rente wegen Verlusts der Arbeitsfähigkeit zweiten Grades vom rumänischen Versicherungsträger. In dessen Bescheiden vom 28.12.1989 (Nr. 2033) und vom 21.02.1990 (Nr. 97681) waren als Beginn der Invalidität der 06.10.1989 und als zurückgelegte Gesamtbeitragszeit 15 Jahre 11 Monate und 11 Tage sowie als Zeitraum, in dem 2%-igen Beiträge zur Zusatzrente entrichtet worden waren, 14 Jahre und 4 Monate angegeben.
Am 26.06.1990 stellte die Klägerin Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Im Rahmen der Kontenklärung hatte die Klägerin angegeben, ab 1972 als Handschuhnäherin und vorher in der Landwirtschaft gearbeitet zu haben. Vorgelegt wurde das rumänische Arbeitsbuch. Darin ist ab 27.04.1972 eine Beschäftigung als Heimarbeiterin für eine Handschuhfabrik angegeben und zwar für die Jahre 1972/73 im Umfang von 8 Monaten. Für 1974 ist ein Monat bestätigt, für 1975 vier Monate und 21 Tage, für 1976 acht Monate und 22 Tage, für 1977 bis 1980 je 12 Monate, für 1981 neun Monate und 17 Tage, für 1982 bis 1984 insgesamt 35 Monate, bis einschließlich 1987 wieder je 12 Monate sowie für 1988 elf und für 1989 zehn Monate. Insgesamt wurden damit 14 Jahre und 4 Monate an Beschäftigungszeiten bestätigt. Weiter legte die Klägerin eine Adeverinta Nr. 119 vom 12.07.1993 vor, in welcher für die Zeit vom 27.04.1972 bis 15.11.1989 eine Tätigkeit als Näherin für die Leder- und Handschuhfabrik T. (T.) bestätigt wurde.
Mit Bescheid vom 29.07.1991 gewährte die Beklagte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit und rechnete die genannten Zeiten zu 5/6 an. Für das Jahr 1974 wurden keine Zeiten berücksichtigt. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 14.08.1991 Widerspruch, welcher bis zur Klärung des Versicherungsverlaufs zurückgestellt wurde. In der Folgezeit erteilte die Beklagte weitere Bescheide über die Weitergewährung der Rente (19.08.1992 und 01.08.1993). Der Widerspruch wurde mit rechtskräftigem Bescheid vom 31.05.1994 als unbegründet zurückgewiesen. Auch unter Berücksichtigung des vorgelegten Arbeitsbuches, der rumänischen Rentenbescheide sowie der Adeverinta Nr. 119 könnten die rumänischen Versicherungszeiten als lediglich glaubhaft gemacht angesehen und nur zu 5/6 angerechnet werden.
Am 07.02.2007 stellte die Klägerin Antrag auf Altersrente. Mit Bescheid vom 14.03.2007 wandelte die Beklagte die laufende Erwerbsminderungsrente ab dem 01.03.2007 in eine Regelaltersrente mit einem Zahlbetrag von monatlich EUR 400,04 als vorläufige Leistung um. Bei der Rentenberechnung wurden bis 15.11.1989 Zeiten nach dem FRG unverändert mit 5/6 wie folgt angerechnet:
|
27.04 bis 31.12.1972 : |
24,59 % |
01.01.bis 31.12.1973 |
50 % |
01.05.bis 31.12.1975: |
39,17 % |
01.01.bis 31.12.1976 : |
72,78 % |
01.01.1977 bis 31.12.1980: |
100 % |
01.01. bis 31.12.1981: |
79,72 % |
01.02.1982 bis 31.12.1987 : |
100 % |
01.01. bis 31.12.1988: |
91,67 % |
01.01. bis 15.11.1989: |
95,24 % jeweils der vollen Arbeitszeit. |
Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch wurde zum einen die Anrechnung einer Zurechnungszeit gemäß § 253a SGB VI für die Zeit vom 26.06.1990 bis 31.07.1993 begehrt, zum anderen weitere nachgewiesene Beschäftigungszeit vom 01.03. bis 31.013.1974 geltend gemacht sowie die Berücksichtigung aller rumänischen Zeiten ab 27.02.1972 ungekürzt zu 6/6 beantragt. Mit Teilabhilfe-Bescheid vom 03.08.2007 wurde die Regelaltersrente unter Berücksichtigung der Zurechnungszeit vom 26.06.1990 bis 31.07.1993 bei ansonsten ...