Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit auf die Höhe einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bei Auflösung einer Ansparrücklage. Entscheidung über ein Überprüfungsbegehren zu Ungunsten des Antragstellers
Leitsatz (amtlich)
1. Dass die Auflösung einer Ansparrücklage bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens und der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenzen als Gewinn zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts (hier § 7g EStG idF bis 17.08.2007).
2. Handelt es sich bei einem Neubescheid, der aufgrund eines Überprüfungsverlangens nach § 44 Abs. 1 SGB X ergeht, um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, sind tatsächliche Änderungen nach dem Zeitpunkt des zurückgenommen Ursprungsbescheides erheblich, wenn sie auch bei damals richtiger Entscheidung gegriffen hätten - einerlei, ob sie sich positiv oder negativ auf die Leistung auswirken.
3. Sinn und Zweck des Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X kann es nicht sein, dem Antragsteller mehr zu gewähren, als ihm nach materiellem Recht zusteht (BSG, 18. August 2004, B 8 KN 18/03 B).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 14.01.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit für das Jahr 2006 auf die Höhe der Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Der 1950 geborene Kläger war als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater selbstständig tätig. Mit Antrag vom 02.12.2004 (Eingang am 06.12.2004) beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab am 06.03.2005 an, noch bis zum 31.03.2005 Einkünfte als Steuerberater aus freiberuflicher Tätigkeit zu beziehen. Ab dem 01.04.2005 werde er nur noch als Aufsichtsrat mit einem monatlichen Einkommen von 300,00 € (1 Stunde / Woche) tätig sein.
Nach Einholung eines augenärztlichen Gutachtens vom 02.02.2005 stellte die Beklagte fest, seit dem 06.12.2004 bestehe beim Kläger ein unter 3-stündiges Leistungsvermögen für die letzte berufliche Tätigkeit und ein 3 bis unter 6-stündiges Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt in Berufen für hochgradig Sehbehinderte oder Blinde. Mit Bescheid vom 11.04.2004 bewilligte sie dem Kläger ab dem 01.01.2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Wegen Überschreitens des zulässigen Hinzuverdienstes war die Rente nicht zu zahlen.
Mit Bescheid vom 16.06.2005 gewährte die Beklagte anstelle der bisherigen Rente eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis 30.09.2008. Der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil die volle Erwerbsminderung auch auf den Verhältnissen des Arbeitsmarktes beruhe. Die Beklagte legte als Rentenbeginn den 01.10.2005 fest und berücksichtigte hierbei die Angaben des Klägers, die selbständige Tätigkeit am 31.03.2005 aufgegeben zu haben. Im Bescheid wurde auf die maßgebenden monatlichen Hinzuverdienstgrenzen für die Rente wegen voller Erwerbsminderung hingewiesen (Anlage 19) und von der Beklagten ausgeführt, dass bei Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit die Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht oder in verminderter Höhe geleistet werde, sofern durch das erzielte Einkommen (z.B. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit) die für diese Rente maßgebenden Hinzuverdienstgrenzen überschritten werden. Es bestehe die gesetzliche Verpflichtung, die Aufnahme oder die Ausübung einer über diesen Rahmen hinausgehenden Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen. Für die Anerkennung des Rentenanspruches seien die Verhältnisse des Arbeitsmarktes ausschlaggebend gewesen. Daher bestehe die gesetzliche Verpflichtung, jede Aufnahme oder Ausübung einer Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit unverzüglich mitzuteilen.
Der Kläger beantragte am 06.03.2008 die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 30.09.2008 hinaus. Im Antragsformular gab er unter dem 02.04.2008 an, steuerrechtliche Gewinne zu erzielen.
Daraufhin forderte die Beklagte die Einkommensteuerbescheide des Klägers ab dem Jahr 2005 an. Nach den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 2005 bis 2007 erzielte der Kläger in diesen Jahren Einkünfte aus einer Beiratstätigkeit und aus der Abwicklung der Steuerberaterkanzlei. Für das Jahr 2006 wies der Einkommensteuerbescheid vom 01.03.2007 einen Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von 10.845,00 € aus.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 14.08.2008 an. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass der Kläger weiterhin mit der Abwicklung von Mandaten beauftragt gewesen bzw. immer noch beauftragt sei. Für die Feststellung des Rentenanspruches sei auch die Tatsache maßgebend gewesen, dass der Arbeitsmarkt für den Kläger als verschlossen galt. Durch die weitere Ausübung der Tätigkeit habe der Kläger aber das Vorhandensein eines leistung...