nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 28.11.1995; Aktenzeichen S 8 Al 680/95) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.11.1995 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab 14.06.1994 streitig.
Der 1951 geborene Kläger ist Australier und seit 04.11.1992 mit einer Deutschen verheiratet. Er war - mit Unterbrechungen - vom 01.07.1988 bis 31.05.1994 als wissenschaftlicher Angestellter einer deutschen Universität beschäftigt und meldete sich am 14.06.1994 arbeitslos. In seinem Alg-Antrag gab er die auch jetzt noch gültige Anschrift in den Niederlanden an.
Mit Bescheid vom 27.09.1994 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe keinen Anspruch auf Alg, da er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden habe. In seinem Widerspruch wies der Kläger darauf hin, daß auch in den Niederlanden, wo er als Arbeitsuchender gemeldet sei, seinem Antrag wegen seiner Staatsangehörigkeit nicht entsprochen worden sei. Er sei gegenwärtig in der Bundesrepublik Deutschland teilzeitbeschäftigt und für ein Zusatzstudium an der Universität eingeschrieben, weshalb nachgewiesen sei, daß er in der Bundesrepublik Deutschland nicht nur "vorübergehend verweile".
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.1995 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers, der am 01.12.1994 eine neue Beschäftigung aufgenommen hatte, als unbegründet zurück. Nach Art. 2 Abs. 1 EWG-VO 1408/71 gelte diese ausschließlich für Staatsangehörige der Europäischen Union; als australischer Staatsangehöriger falle der Kläger nicht unter den begünstigten Personenkreis. Unstreitig habe er seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in den Niederlanden. Es werde nicht verkannt, daß er aufgrund seiner Nationalität weder in den Niederlanden noch in der Bundesrepublik Deutschland einen Leistungsanspruch habe, hierzu bedürfe es der Aufnahme eines Wohnsitzes in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit seiner zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei als Ehegatte einer Deutschen wie ein deutscher Staatsbürger zu behandeln. Seine Frau sei bei einer deutschen Universität beschäftigt und damit Grenzgängerin. Er und seine Frau hätten 1993 in den Niederlanden ein Grundstück erworben, das knapp 500 m von der deutsch-niederländischen Grenze entfernt sei, nachdem es ihnen trotz sechsmonatiger Suche nicht gelungen sei, in der Bundesrepublik Deutschland eine geeignete Wohngelegenheit zu finden. Aus den dargelegten Gründen hätten er und seine Ehefrau ihren Lebensmittelpunkt im wesentlichen in der Bundesrepublik Deutschland.
Mit Urteil vom 28.11.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Vorschriften des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) würden nur für Personen gelten, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. Der Kläger habe als ehemaliger Grenzgänger offenkundig weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB I. Ein Anspruch ergebe sich entsprechend § 30 Abs. 2 SGB I auch nicht aus abweichenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen. Solche bestünden zwischen Australien und der Bundesrepublik Deutschland nicht. Aus sozialrechtlichen Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts könne der Kläger als australischer Staatsangehöriger ebenfalls keine Rechte ableiten. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht sei darin nicht zu sehen. Dem Gesetzgeber stehe es grundsätzlich frei, beim Aufbau eines Systems der sozialen Sicherheit den beitragspflichtigen Personenkreis so abzugrenzen, wie es für die Schaffung eines leistungsfähigen Systems erforderlich erscheine (BSG SozR 4100 § 186 c Nr. 2).
Mit seiner Berufung verweist der Kläger auf ein neueres Urteil des EuGH (EuGHE 1996, I 2097), in dem dieser damit begonnen habe, sich von der restriktiven Auslegung des persönlichen Anwendungsbereichs der VO 1408/71 abzuwenden. Auch wenn er diese noch bezüglich der Leistungen für Arbeitslose nach den Art. 67 - 71 der VO 1408/71 aufrecht erhalte, so werde er der gegenüber der früheren Auslegung erhobenen Kritik auch für Fälle der vorliegenden Art nach wie vor nicht hinreichend gerecht. Durch den ablehnenden Bescheid der Beklagten werde das Recht seiner Ehefrau auf Freizügigkeit verletzt, ebenso deren Grundrecht auf Achtung und Schutz der Familie, da sie mit Rücksicht auf die Interessen ihres Ehemannes entweder von einem grenznahen preiswerten Wohnort in den Niederlanden Abstand nehmen oder sich für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit von ihm dergestalt trennen müsse, daß sie selbst in den Niederlanden die preiswerte Wohnung, er hingegen in Deutschland seinen Wohnsitz nehmen müsse. Dies habe der EuGH bei seiner Entscheidung nicht gesehen, weshalb diesem die Sache vorzulegen sei. Im übrigen könne er sich bereits ohne eine solche Vorlage mit Erfolg darauf berufen, daß das an...