Entscheidungsstichwort (Thema)
Blindengeldanspruch nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz: Vererblichkeit des Anspruchs. Prüfung des Vorliegens einer faktischen Blindheit. morphologische Veränderungen als Nachweis für Blindheit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vererblichkeit des Blindengeldanspruchs ist nicht wegen einer höchstpersönlichen bedarfsorientierten Natur des Blindengelds ausgeschlossen.
2. Bei der Prüfung, ob faktische Blindheit im Sinne des Art. 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BayBlindG vorliegt, ist nicht nur das Gesichtsfeld zu berücksichtigen. Maßgeblich sind vielmehr auch alle weiteren Störungen des Sehvermögens, soweit sie in ihrem Schweregrad einer Beeinträchtigung der Sehschärfe auf 1/50 oder weniger gleich zu achten sind (BSG, 26. Oktober 2004, B 7 SF 2/03 R).
3. Wenn bereits die erhobenen Befunde die nach Art. 1 BayBlindG, Teil A Ziff. 6 VG maßgeblichen Werte nicht erreichen, geht die in den VG festgelegte Vorgabe, dass der morphologische Befund die Sehstörung erklären muss, regelmäßig ins Leere. Auch wenn morphologische Veränderungen mit Blindheit zu vereinbaren sind oder diese sogar nahelegen, stellen sie per se keinen Nachweis für Blindheit dar.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 26. März 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des im Jahr 1928 geborenen und 2010 verstorbenen Ehemanns (im Folgenden: Antragsteller) der Klägerin zu 1) und Vaters des Klägers zu 2) auf Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG). Zum Zeitpunkt des Todes lebte die Klägerin zu 1) mit ihrem Ehemann in häuslicher Gemeinschaft.
Der Antragsteller beantragte beim Beklagten am 29.03.2006 Blindengeld. Nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Augenarztes lehnte der Beklagte mit streitgegenständlichem Bescheid vom 03.05.2006 den Antrag ab, da die Sehschärfe auf dem besseren linken Auge mehr als 1/50 betrage. Hinweise für relevante Gesichtsfeldeinschränkungen fänden sich nicht.
Hiergegen erhob der Antragsteller am 19.05.2006 Widerspruch. Er begründete diesen im Wesentlichen mit einem Irrtum des Sekretariats des behandelnden Augenarztes, das falsche Werte geliefert habe. Im Widerspruchsverfahren korrigierte dieser den Befundbericht und legte einen weiteren vor, in dem neben den Diagnosen Makulopathie, Katarakt, Myopie, Astigmatismus und Presbyopie ein Visus von (an beiden Augen jeweils) Fingerzählen festgehalten wurde. Am 04.08.2006 erstellte Prof. Dr. K. im Auftrag des Beklagten ein augenärztliches Gutachten. Der Facharzt stellte für beide Augen jeweils einen Visus für die Ferne von Fingerzählen und bei den vorderen Augenabschnitten jeweils eine Linse mit Trübungen von Kern und Rinde fest. Prof. Dr. K. berichtete, dass es bei der Untersuchung im Hinblick auf die Verhaltensbeobachtung einige Auffälligkeiten gegeben habe. Weiter wies er darauf hin, dass der optokinetische Nystagmus (OKN) sehr gut auslösbar gewesen sei. Stark erhärtet werde der Verdacht auf Aggravation durch das beidseits konzentrisch eingeschränkte Goldmanngesichtsfeld auf eine zentrale Restinsel von 5 Grad; bei der zugrunde liegenden Erkrankung sei jedoch grundsätzlich keine konzentrische Gesichtsfeldeinschränkung zu beobachten. Beim Antragsteller liege sicher eine deutliche Visusminderung aufgrund des Netzhautbefundes vor. Aufgrund des starken Verdachts auf Aggravation lasse sich jedoch keine Blindheit im Sinne des BayBlindG feststellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.11.2006 wies der Beklagte mit Verweis auf die sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. K. gewonnenen Erkenntnisse und den Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast den Widerspruch als unbegründet zurück.
Am 11.12.2006 hat der Antragsteller hiergegen Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Zur Begründung hat er auf die Befundberichte des behandelnden Augenarztes sowie auf den Ablauf der Untersuchung durch Prof. Dr. K. abgestellt. Im Übrigen hat er darauf hingewiesen, dass mit einer schweren altersbedingten Makuladegeneration (AMD) bekanntermaßen eine Minderung der Restsehschärfe einhergehe, welche einen Visus von weniger als 0,02 zur Folge habe.
Zur Sachverhaltsermittlung hat das SG einen Befundbericht von Dr. B. vom 27.01.2007 eingeholt. Nach einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Beklagten, in der dieser u.a. darauf hingewiesen hat, dass es unzutreffend sei, Patienten mit einer schweren AMD würden nur noch über eine Restsehschärfe von weniger als 0,02 verfügen, hat das SG Dr. K. mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Der Facharzt hat in seinem Gutachten vom 09.12.2007 u.a. einen Visusbefund von 1/30 (rechtes Auge und beide Augen) und folgende Gesichtsfelduntersuchungen (Kugelperimeter nach Goldmann mit Reizmarken III/4e bzw. V/4e) festgehalten:
* Rechtes Auge: Die Außengrenzen seien nach zentral erhe...