Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Berufungseinlegung per E-Mail. Berufungseinlegung durch nicht unterschriebenes Telefax ohne Absendervermerk. Schriftform. Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift. Ausnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Wirksamkeit einer Berufungseinlegung müssen zur Sicherung der Authentizitätsfunktion besondere Anforderungen erfüllt sein. Diese werden durch einfache E-Mails nicht gewährleistet. Eine per E-Mail eingelegte Berufung kann dann die Schriftform wahren, wenn die nach § 65a Abs 1 S 1 SGG verlangten landesrechtlichen Vorgaben existieren und mittels digitaler Signatur erfüllt sind.
2. Für Bayern bestehen keine landesrechtlichen Regelungen. Deshalb kann eine Berufung zum LSG nicht wirksam mittels E-Mail eingelegt werden.
3. Eine Ausnahme von dem Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift bei einer Berufungseinlegung durch Telefax kommt nur dann in Betracht, wenn auf andere Weise gewährleistet ist, dass dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden kann und fest steht, dass es sich bei dem Schriftstück nicht um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Wollen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BSG vom 30.1.2002 - B 5 RJ 10/01 R = SozR 3-1500 § 67 Nr 21). Diese Voraussetzungen können durch ein nicht unterschriebenes Telefax ohne Absendervermerk nicht erfüllt werden.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger mit einer E-Mail vom 25. Januar 2010 oder mit einem nicht handschriftlich unterschriebenen Telefax ohne Absendervermerk vom 25. Januar 2010 die Berufungsfrist für die Einlegung der Berufung eingehalten hat.
Das Sozialgericht Augsburg (SG) hat mit Urteil vom 10. Dezember 2009 (Az.: S 4 AL 111/07) die Klage gegen den Bescheid vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2008 abgewiesen. Im Bescheid vom 4. Januar 2008 hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger eine 12-wöchige Sperrzeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 23. Dezember 2007 verhängt und eine Minderung der Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld um 90 Tage festgestellt. Den Widerspruch des Klägers hatte sie zurückgewiesen.
Der Kläger führt vor dem SG weitere Verfahren, so den Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S 4 AL 396/08 und den Rechtsstreit mit dem Aktenzeichen S 4 AL 343/08.
Das Urteil des SG vom 10. Dezember 2009 (Az.: S 4 AL 111/07) wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am 23. Dezember 2009 zugestellt. Bei dem 23. Januar 2010 handelt es sich um einen Samstag, der darauf folgende Werktag war Montag, der 25. Januar 2010.
Am 25. Januar 2010 (13.22 Uhr) erreichte das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) eine E-Mail von "noreplying@aim.com". Der Text nimmt Bezug auf das Aktenzeichen S 4 AL 111/08 und führt aus: "gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 18. Dezember 2009 ...... wird hiermit Berufung eingelegt." Die E-Mail endet mit "Mit freundlichen Grüßen myr. gez. Hans D. A.". Zudem enthielt das E-Mail den Zusatz: "Dieses Schreiben wurde maschinell bzw. im automatisierten Verfahren erstellt und daher nicht unterzeichnet. Anlagen soweit im Text erwähnt. Dieses E-Mail wurde automatisch generiert. Bitte senden Sie keine E-Mails an diese Adresse. Wir können diese nicht beantworten. Über diese Adresse werden ausschließlich Nachrichten versandt - bitte antworten Sie auf dem üblichen(postalischen) Wege - Danke".
Ebenfalls am 25. Januar 2010 (19.27 Uhr) ging beim BayLSG ein Telefax ohne Absendervermerk ein, das den gleichen Text wie die E-Mail enthielt. Das Telefax weist keinerlei handschriftliche Zusätze auf, insbesondere keine handschriftliche Unterschrift. Es enthält ausschließlich maschinenschriftlichen Text.
In dem Erörterungstermin vor dem Senat hat der Kläger erklärt, er sei bereit, Willens und in der Lage, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen die Bundesagentur für Arbeit vorzugehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 10. Dezember 2009 und den Bescheid vom 4. Januar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Februar 2008 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist unzulässig. Sie wurde nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt.
Nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist die Berufung bei dem LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Nach Abs. 2 S. 1 der Vorschrift ist die Berufungsfrist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem SG schriftlich oder zur...