Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung: Realisierung von Schadensersatzforderungen der Krankenkasse

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der Weg der Aufrechnung von Schadensersatzforderungen der Krankenkasse gegen Honorarforderungen des Vertragsarztes verschlossen ist, besteht gemäß § 52 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä die Möglichkeit, dass die Kassenärztliche Vereinigung den Anspruch auf Schadensersatz oder Regress an die Krankenkasse zur unmittelbaren Einziehung abtritt. Da die Kassenärztliche Vereinigung selbst nicht Inhaber der Forderung ist, sondern den Anspruch der Krankenkasse nur über die Aufrechnung erfüllen soll, kann die Krankenkasse die "Abtretung" nicht ablehnen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 13.07.2017; Aktenzeichen B 6 KA 20/17 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten vom 13. Juli 2016 gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München 6. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht die Zahlung von 960.441,58 € nebst Zinsen wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Sprechstundenbedarf durch den Beklagten in den Quartalen 3/2001 und 1/2002.

Der Beklagte nahm aufgrund einer Sonderbedarfszulassung ab 1998 als Hämatologe und internistischer Onkologe an der vertragsärztlichen Versorgung in W-Stadt teil.

Der Beschwerdeausschuss Ärzte Bayern hat für das Quartal 3/2001 mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2006 (Beschluss vom 22.03.2006) aufgrund einer Prüfung nach Durchschnittswerten in Form eines statistischen Fallkostenvergleiches mit der Fachgruppe der fachärztlichen Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie gegen den Beklagten einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Sprechstundenbedarf in Höhe von 408.699,38 € festgesetzt. Dieser Bescheid ist nach Abweisung der Klage durch das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.04.2012, Az.: S 21 KA 230/10 und der Zurückweisung der Berufung hiergegen durch das Bayer. Landessozialgericht mit Urteil vom 25.06.2014 (Az.: L 12 KA 116/12) und der Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 11.02.2015 (Az.: B 6 KA 51/14 B) bestandskräftig. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 11.02.2015 wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 12.05.2015 (B 6 KA 1/15 C) zurückgewiesen.

Der Beschwerdeausschuss Ärzte Bayern hat mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 13.07.2006 (Beschluss vom 22.03.2006) für das Quartal 1/2002 aufgrund einer Prüfung nach Durchschnittswerten in Form eines statistischen Fallkostenvergleichs mit der Fachgruppe der fachärztlichen Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie gegen den Beklagten einen Regress wegen unwirtschaftlicher Verordnung von Sprechstundenbedarf in Höhe von 551.742,20 € festgesetzt. Dieser Bescheid ist nach Abweisung der Klage durch das Urteil des Sozialgerichts München vom 25.04.2012 (Az.: S 21 KA 232/10) und Zurückweisung der Berufung hiergegen durch Urteil des Bayer. Landessozialgerichts vom 25.06.2014 (Az.: L 12 KA 117/12) und der Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschluss des Bundessozialgerichts vom 11.02.2015 (Az.: B 6 KA 52/14 B) ebenfalls bestandskräftig. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundessozialgerichts vom 11.02.2015 wurde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 12.05.2015 (Az.: B 6 KA 2/15 C) zurückgewiesen.

Da der Beklagte nicht mehr an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, trat die KVB mit Abtretungsanzeige vom 11.05.2015 zu HNr. 6819451 und BSNr. 681945100 die Regressforderung in Höhe von 408.699,38 € und mit Abtretungsanzeige vom 11.08.2015 zu HNr. 6819451 und BSNr. 681945100 die Regressforderung in Höhe von 551.742,20 € an die Klägerin zur unmittelbaren Einziehung ab.

Mit Schreiben vom 18.08.2015 hat die Klägerin den Beklagten zur Zahlung des gesamten Betrages in Höhe von 960.441,58 € an die Klägerin aufgefordert. Dieser Aufforderung ist der Beklagte bislang nicht nachgekommen.

Mit Schriftsatz vom 04.12.2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 960.441,58 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen. Der Umstand, dass die Verfahren letztlich durch alle Instanzen Rechtskraft erlangten, zeige, dass unstrittig sei, dass der Klägerin, die durch die unwirtschaftliche Verordnungsweise geschädigt sei, der Regressbetrag, mithin die Klageforderung zustehe. Gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä habe die KV Schadensersatzansprüche der Krankenkassen durch Aufrechnung gegen Honorarforderungen des Vertragsarztes zu erfüllen. Soweit eine Aufrechnung nicht möglich sei, weil Honorarforderungen des Vertragsarztes gegen die Kassenärztliche Vereinigung nicht mehr bestehen, habe die KV den Anspruch auf Regress- und Schadensersat...

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