Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Objektive Beweislast des Klägers bei einer Klage auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente
Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Orientierungssatz
Der Kläger trägt die objektive Beweislast dafür, dass eine Einschränkung des quantitativen Leistungsvermögens in rentenberechtigendem Ausmaß bereits zu dem Zeitpunkt eingetreten war, zu dem letztmals die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erfüllt waren.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.02.2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin Anspruch auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente aufgrund ihres Antrags vom 18.02.2010 hat.
Die 1942 in Kroatien geborene Klägerin ist im April 1969 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sie hat keine Berufsausbildung absolviert und war nach ihren eigenen Angaben von April 1969 bis Juli 1973 als Montiererin, von März 1981 bis August 1983 als Büglerin und von September 1986 bis Februar 1992 als Montiererin versicherungspflichtig beschäftigt. Der letzte Pflichtbeitrag wurde wegen Leistungsbezugs von Arbeitslosengeld im März 1993 entrichtet, anschließend war die Klägerin noch bis Mai 1994 arbeitslos gemeldet ohne Leistungsbezug.
Im Jahr 1995 erfolgte eine Hysterektomie wegen eines Myoms im Klinikum A-Stadt, 06/1996 eine Gastrektomie und Splenektomie wegen Magenfrühkarzinoms ebenfalls im Klinikum A-Stadt.
Am 18.02.2010 beantragte die Klägerin erstmals bei der Beklagten die Gewährung von Erwerbsminderungsrente. Sie halte sich seit Juni 1996 für erwerbsgemindert wegen Magenkrebs, anhaltender somatoformer Schmerzstörung, Fibromyalgie, Depressionen, Blasenproblemen. Sie wisse nicht, wie lange sie die Schmerzen noch ertragen könne. Seit der Magen-OP im Juni 1996 sei sie arbeitsunfähig erkrankt und seit 2004 wegen Fibromyalgie. Dem Antrag war ein Vermerk der Stadt A-Stadt vom 05.01.2010 beigefügt, wonach der Ehemann der Klägerin am 30.11.2009 formlos einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt habe, da die Klägerin durchgehend seit 1995 erwerbsunfähig sei. Damals sei die erste Tumoroperation durchgeführt worden. Er habe sich seinerzeit wegen eines Rentenantrags erkundigt, habe aber die mündliche Auskunft erhalten, dass seine Frau dafür zu jung wäre, so dass ein Rentenantrag nicht gestellt worden sei. Beim Arbeitsamt hätte sich die Klägerin nicht weiter melden können, da sie krankheitsbedingt dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung habe stehen können. Sie wollten nun auf jeden Fall einen Rentenantrag stellen mit Eintritt der Erwerbsunfähigkeit 1995/1996.
Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen holte die Beklagte ein sozialmedizinisches Gutachten von Frau Dr. S. ein, die am 30.03.2010 zu den Diagnosen
1. anhaltende somatoforme Schmerzstörung
2. rezidivierende abdominale Schmerzsymptomatik bei bekannten Verwachsungen nach Gastrektomie und Splenektomie bei Magenfrühkarzinom 1996
gelangte. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden für leichte, gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Stehen, Gehen und Sitzen, in Tag-, Früh - und Spätschicht, ohne Arbeiten in Zwangshaltungen, ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken, ohne besondere Stressbelastung und ohne Arbeiten unter Zeitdruck tätig sein. Die letzte berufliche Tätigkeit als Floristin sei ebenfalls über sechs Stunden möglich. Im Rahmen der Berufs- und Arbeitsanamnese hatte die Klägerin angegeben, zuletzt in Teilzeit in einem Blumenladen gearbeitet zu arbeiten. Seit 1996 sei sie Hausfrau.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit streitgegenständlichem Bescheid vom 08.04.2010 den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ab. Unter Annahme eines Leistungsfalles vom 18.02.2010 seien die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. In der relevanten 5-Jahres-Frist seien keine Pflichtbeiträge entrichtet worden.
Hiergegen legte die Klägerin bei der Stadt A-Stadt am 22.04.2010 Widerspruch ein. Im Ablehnungsbescheid vom 08.04.2010 sei die Beklagte nicht darauf eingegangen, dass sie bereits seit 1995 erkrankt sei und seitdem Erwerbsminderung vorliege. Sie werde ein aktuelles Attest vorlegen, aus dem hervorgehe, dass bereits seit 1995 Erwerbsminderung vorliege. Vorgelegt wurde sodann ein Attest des Praktischen Arztes B. vom 28.04.2010, ein Attest des behandelnden Internisten W. vom 26.04.2010, der Bericht des Klinikums A-Stadt vom 12.04.2006 sowie ein Operationsbericht des Klinikums A-Stadt vom 06.08.1996 über die Magenoperation.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2010 als unbegründet zurück. Nach den vorhandenen Befundunterlagen und dem Ergebnis der im Rentenverfahren durchgeführten allge...