Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Ehegattin eines Landwirts. rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht. Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge. Beginn der Verzinsung
Leitsatz (amtlich)
§ 27 Abs 1 SGB IV stellt für den Beginn der Verzinsung des Erstattungsanspruchs nicht auf die Entstehung bzw Fälligkeit des Anspruchs ab.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 07. August 2014 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 13. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. November 2013 verurteilt, den Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 1800,00 Euro beginnend ab 01. Juni 2012 nach den gesetzlichen Vorschriften zu verzinsen.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Verzinsung einer Beitragsrückzahlung.
Die 1983 geborene Klägerin ist seit 15.09.2009 verbeamtete Lehrerin und seit 11.12.2010 mit einem Landwirt verheiratet.
Mit Bescheid vom 12.03.2012 stellte die Beklagte die Versicherungspflicht der Klägerin als Ehegattin eines Landwirts rückwirkend für die Zeit ab 11.12.2010 fest. Sie bezifferte einen Beitragsrückstand von 3.512,00 EUR und setzte einen laufenden Beitrag ab April 2012 fest.
Daraufhin stellte die Klägerin am 22.03.2012 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht wegen des Bezuges ihres Erwerbseinkommens als Beamtin.
Außerdem erhob sie zugleich Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.03.2014 und bat um Ratenzahlung. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass sie eine Befreiung frühzeitig nach der Eheschließung hätte beantragen müssen. Für die Ratenzahlung erteilte sie eine Einzugsermächtigung. Wie ihr mitgeteilt worden sei, werde das Gesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit geprüft. Sollte das Gesetz gekippt werden, beanspruche sie die entrichteten Beiträge nebst 4% Zinsen zurück. Wenn ihre Ausführungen nicht korrekt seien, bitte sie um einen Hinweis.
Mit Bescheid vom 12.04.2012 sprach die Beklagte die Befreiung von der Versicherungspflicht aus. Die Befreiung entfalte ihre Wirkung erst ab 01.04.2012.
Die Beklagte übermittelte der Klägerin einen Plan zur Tilgung des rückständigen Betrags in Höhe von 3.512 EUR mit zinsfreier Zahlung monatlicher Raten beginnend ab Mai 2012 zu 100 EUR bis zum April 2015.
Mit Schreiben vom 12.04.2012 teilte die Beklagte außerdem mit, dass die Frage der rückwirkenden Befreiung Gegenstand einer Musterklage vor dem Bayerischen Landessozialgericht (L 1 LW 31/11) sei. Die Klägerin solle statt gegen den Bescheid vom 12.03.2014 Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.04.2012 erheben. Sollte aufgrund des Musterverfahrens eine Befreiung ab Beginn der Versicherungspflicht möglich sein, wären die Beiträge unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften mit 4 % zu verzinsen.
Daraufhin nahm die Klägerin den mit Schreiben vom 03.04.2012 erhobenen Widerspruch zurück und begehrte mit Widerspruch vom 16.04.2012 die Befreiung bereits ab dem Tag der Eheschließung (11.12.2010). Am 30.04.2012 legte sie die Bescheinigung des Arbeitgebers über das ab 15.09.2009 bestehende Beschäftigungsverhältnis und die daraus erzielten Bruttoverdienste ab Dezember 2010 vor.
Mit Bescheid vom 13.11.2013 bezog sich die Beklagte auf eine Rechtsänderung vom 24.10.2013 und erklärte zur Abhilfe des Widerspruchs die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht auch für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.03.2012. Es ergebe sich ein Guthaben von 1.800 EUR. Eine Überprüfung der mit Schreiben vom 12.04.2012 erwähnten Möglichkeit der Verzinsung der bereits bezahlten Beiträge habe allerdings ergeben, dass diese rechtlich nicht zulässig sei. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB IV könne die Verzinsung frühestens ab Verkündung des Gesetzes zur Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkasse, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze (BUK-Neuorganisationsgesetz - BUK-NOG) im Bundesgesetzblatt am 24.10.2013 beginnen. Da der Zinsanspruch bereits mit Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung ende - die Auszahlung des Erstattungsbetrags erfolge im November 2013 - bestehe kein Anspruch auf Verzinsung.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und forderte, dass Zinsen in Höhe von 51,73 EUR gezahlt werden müssten.
Mit Widerspruchbescheid vom 21.11.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Beklagte führte u.a. aus, dass in einem Widerspruch gegen einen Beitragsbescheid oder in einer unter Vorbehalt erfolgten, unfreiwilligen Erfüllung einer Beitragsforderung zugleich ein Erstattungsantrag enthalten sein könne. Ein Erstattungsantrag müsse aber vollständig sein, dazu gehörten auch die Angaben zur Bankverbindung. Dabei könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass der Berechtigte die Erstattung auf das aus einem Abbuchungsverfahren bekannte Konto überwiesen haben möchte; auch in einem solchen Fall sei...