Entscheidungsstichwort (Thema)

Bayerisches Landeserziehungsgeld. polnischer Staatsangehöriger. Leistungsausschluss gemäß Art 1 Abs 1 S 1 Nr 5 LErzGG BY. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Zur Vereinbarkeit Art 1 Abs 1 S 1 Nr 5 LErzGG BY, wonach nur Deutsche und Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, nicht aber sonstige Ausländer einen Anspruch auf Landeserziehungsgeld haben, mit Art 3 Abs 1 und Art 6 GG.

2. Hinsichtlich des Bayerischen Landeserziehungsgeldes ist die Anwendung des Art 37 Abs 1 EGAbk POL ausgeschlossen, weil die Vertragsparteien für Familienzulagen eine Sondervorschrift vereinbart haben. Auch für Art 37 EGAbk POL gilt der Vorbehalt nationaler Modalitäten wie in Art 38 EGAbk POL (BSG vom 15.10.1998 - B 14/10 KG 27/96 R = SozR 3-6720 Art 38 Nr 1).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 21.02.2013; Aktenzeichen B 10 EG 20/12 R)

 

Tenor

I. Die Berufungen gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 24. November 2005 sowie gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. August 2000 werden zurückgewiesen.

II. Die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Bayerischem Landeserziehungsgeld für seinen Sohn D., geb. 2000 (Bezugszeitraum: drittes Lebensjahr 12. April 2002 - 11. April 2003) sowie für seine Tochter A., geb. 1995 (Bezugszeitraum 24. Juli 1997 - 23. Juli 1998).

Der Kläger und seine Ehefrau sind polnische Staatsangehörige. Die Ehepartner bezogen zur damaligen Zeit in Deutschland Arbeitslosenhilfeleistungen. Als deutsche Meldeanschrift führten sie die Adresse "E-Weg, E., Landkreis M./Unterfranken".

Am 23. Juli 1997 stellte der Kläger Antrag auf Landeserziehungsgeld für das Kind A., den die Regionalstelle Unterfranken des Beklagten (damals: Amt für Versorgung und Familienförderung W.) mit Bescheid vom 28. Juli 1997 aufgrund der polnischen Staatsangehörigkeit ablehnte.

Der Antrag des Klägers, der weiterhin Arbeitslosenhilfe bezog, auf Landeserziehungsgeld für das Kind D. vom 7. Mai 2002 wurde mit gleicher Begründung durch Bescheid vom 8. Mai 2002 abgelehnt.

Ausweislich der beigezogenen Verwaltungsakte hatte die Fa. S. GmbH E. der Kindergeldkasse des Arbeitsamts A. am 4. Februar 2003 mitgeteilt, dass die Eheleute Mieter einer Einzimmerwohnung (29,7 qm) seien. Im Januar 2002 sei dort ein beträchtlicher Wasserschaden, welcher die Wohnung eigentlich unbewohnbar gemacht habe, aufgetreten. Der Mieter habe sich nicht in der BRD aufgehalten, so dass die Wohnung amtlich zur Sachschadensbegrenzung geöffnet werden habe müssen. Bei den weiteren Recherchen sei festgestellt worden, dass sich die Familie nicht tatsächlich in Deutschland aufhalte und die angemietete Wohnung lediglich als Kontaktadresse diene. Die Familie habe in Polen ein eigenes Haus gebaut und lebe dort seit mindestens August 2001. Das ältere Kind der Familie A. N., geb. 1995, besuche in Polen die Schule. Lediglich Herr N. komme unregelmäßig nach Deutschland, um hier bei verschiedenen Ämtern vorzusprechen. Man habe Ersatzwohnungen angeboten. Es sei aber keine Reaktion erfolgt.

Am 5. September 2002 hatte das Landratsamt M. der Stadtverwaltung E. mitgeteilt, dass die Ehefrau des Klägers am 4.Juni 2002 im Ausländeramt M. angegeben habe, das Kind A. werde ab 1. Sep. 2002 in Polen zur Schule gehen. Eine Abmeldung nach Polen wolle sie zum 1. September 2002 veranlassen. Das Schreiben enthält einen nachträglich angebrachten Vermerk, wonach sich der Kläger bei einer Vorsprache am 9. September 2002 geweigert habe, das Kind abzumelden, weil sich dieses nur vorübergehend in Polen aufhalte.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2003 erklärte der Kläger, dass die Angaben der Fa. S. E. nicht zuträfen. Diese würde seine Familie und ihn drängen, die Wohnung zu verlassen. Die Fa. S. habe sich nicht bemüht, den Wasserschaden selbst zu beseitigen. Eine Ersatzwohnung sei niemals angeboten worden. Unter diesen Wohnverhältnissen sei es dann unmöglich gewesen, die Tochter in der BRD in die Grundschule zu schicken. Man habe im Sommer 2003 eine Ersatzwohnung für die Familie beansprucht und keine Antwort erhalten. Man habe die Wohnung auf eigene Kosten renoviert, um sie wieder bewohnbar zu machen. Man wohne weiterhin dort.

Die Verwaltungsakte enthält eine Ortsauflistung der mittels EC-Karten durchgeführten Geldabhebungen der Girokonten des Klägers und seiner Ehefrau.

In den Widerspruchsverfahren trug der Kläger vor, dass die Regelung des Art.1 Abs.1 Satz 1 Nr. 5 BayLErzGG gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen Art.5 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstieße.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Juli 1997 (Kind A.) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 1997, denjenigen gegen den Bescheid vom 8. Mai. 2002 (Kind D.) mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2002 unter Hinweis auf den Wortlaut des Art. 1 ...

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