Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheinselbstständigkeit. Fahrertätigkeit im Personenbeförderungsgewerbe. Sozialversicherungsrecht: Statusfeststellung bei einer Erwerbstätigkeit. Abgrenzung einer selbständigen von einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit bei einer Fahrdienstleistung. Fehlen eines Personenbeförderungsscheins als Indiz bei der Statusfeststellung
Leitsatz (amtlich)
Wer ohne Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz auf vorgegebenen Routen und Touren des Unternehmers fährt, ist abhängig beschäftigt.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 06.11.2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten auch der Berufung.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen in seiner Tätigkeit für die Klägerin.
1. Die Klägerin ist eine seit dem 05.10.2000 im Handelsregister des Amtsgerichts A-Stadt eingetragene Gesellschaft mit dem Unternehmensgegenstand "Betrieb eines Busunternehmens sowie eines Reisebüros" mit Sitz in A-Stadt. Im dortigen Umkreis führt sie konzessionierte Linienbusfahrten, Schulbusfahrten sowie Omnibusreisen durch. Für sie war der Beigeladene von 2005 bis 2010 als Fahrer tätig, wobei er seine Leistungen auf Selbstständigkeitsbasis als "Fahrdienst mit dem Schulbus sowie den Linienverkehr" abrechnete mit einem Stundensatz von zunächst 11,25 € und zuletzt von 12,00 €.
Am 01.12.2009 beantragten der Beigeladene und die Klägerin bei der Beklagten, den sozialversicherungsrechtlichen Status dieser Tätigkeit festzustellen. Hierzu übersandte der Beigeladene eine Stellungnahme, wonach ihm freistehe, von Fall zu Fall Einzelaufträge der Klägerin zu übernehmen oder nicht. Die jeweiligen Fahrzeuge stelle die Klägerin, nur ihr seien die behördlichen Genehmigungen bzw. Konzessionen zum Betrieb des jeweiligen Linienverkehrs erteilt. Die Fahrer-Einsätze und Fahrtrouten habe nicht die Klägerin vorgegeben, vielmehr resultierten sie aus dem Fahrplan, den die Regierung von Oberbayern im Rahmen der Konzessionierung vorgegeben habe. Ergänzend legte die Klägerin Fahrtabrechnungen des Beigeladenen vor für die Zeit 17.10.2005 bis 15.02.2010; hierzu wird auf Blatt 25 bis 222 der Beklagtenakten Bezug genommen..
Nach Anhörung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.07.2010 fest, dass der Beigeladene für die Klägerin als Fahrer im Bereich des Personenbeförderungsdienstes seit dem 17.10.2005 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig geworden ist und darin Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht. Der Beigeladene verfüge über kein eigenes Fahrzeug, vielmehr stelle ihm die Klägerin jeweils die Kraftfahrzeuge zur Verfügung, so dass der Beigeladene seine Tätigkeit in direkter persönlicher Abhängigkeit zur Klägerin ausübe. Die durchzuführenden Fahrten seien durch den Fahrplan bindend vorgegeben, in der Zeiteinteilung und Fahrgestaltung sei der Beigeladene daher nicht frei. Auch im Gelegenheitsverkehr, d. h. der Personenbeförderung außerhalb des Linien- und Schulbusverkehrs seien Gestaltungsmöglichkeiten des Beigeladenen nicht anzunehmen, weil Endziel und Termin vorgegeben seien. Er sei in die Arbeitsorganisation und die betrieblichen Abläufe der Klägerin eingebunden und erhalte eine erfolgsunabhängige Vergütung nach geleisteten Stunden. Nach außen trete er als Mitarbeiter der Klägerin auf. In der Gesamtwürdigung seien die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als überwiegend anzusehen.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die Beklagte habe die Merkmale einer selbständigen Tätigkeit unzutreffend gewertet. Die Vorgaben hinsichtlich der zu benutzenden Fahrzeuge, des Fahrplans und der Fahrtrouten ergäben sich aus den sachnotwendigen Vorgaben des Konzessionsgebers, der Regierung von Oberbayern. An diese Vorgaben sei auch die Klägerin gebunden. Im Gelegenheitsverkehr könne der Beigeladene die Fahrtroute aussuchen, so dass hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit keine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation vorliege. Dem folgte die Beklagte nicht und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.03.2011 zurück.
2. Dagegen hat die Klägerin Klage erhoben und Aufhebung der Entscheidung der Beklagten beantragt. Es liege keine Weisungsbefugnis der Klägerin hinsichtlich Zeiteinteilung und Fahrtrouten vor, vielmehr ergäben sich die Vorgaben aus dem Fahrplan der Regierung von Oberbayern. Im Gelegenheitsverkehr seien weder Zeiten noch Fahrstrecken vorgegeben, das Endziel werde nicht durch die Klägerin, sondern durch den Auftraggeber bestimmt. Der Beigeladene sei frei, ihm angebotene Fahrten zu übernehmen oder nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 06.11.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und auf die Entscheidungsbegründung der Beklagten Bezug genommen. Ergänzend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Beigeladene in den Omnibusbetrieb der Kläge...