Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsunfall. Unfallzusammenhang. Psychosomatische Belastungsreaktion. HWS-Distorsion
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine posttraumatische psychoreaktive Störung ist nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen, wenn das Unfallereignis kein katastrophales Ausmaß hatte. Bei einer posttraumatischen Belastungsstörung ist zu erwarten, dass die Auswirkungen im Laufe der Behandlung zurückgehen und nicht sich verstärken.
2. Eine unfallbedingt entstandene Instabilität der Kopfgelenksbänder setzt eine anatomische Verletzung von knöchernen oder Bandstrukturen voraus.
Normenkette
SGB VII § 56
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Folgen eines Arbeitsunfalls und deren Entschädigung.
Der 1958 geborene Kläger stürzte nach eigenen Angaben am 11. August 2002 bei einer Übung der Wasserwacht in die Donau. Wegen einer Untiefe schlug er mit Kopf und Schulter auf dem Boden auf. Er gab eine Platzwunde am Kopf, Schmerzen und zeitweises Taubheitsgefühl in der linken Schulter an. Der Notarzt Dr. B. berichtete über Verdacht auf Thoraxtrauma mit Rippenfrakturen links, HWS-Trauma mit sensiblen neurologischen Defizit der linken Hand, Schulterkontusion links und hypotonen Unfallschock. Vom 11. August bis 21. August 2002 wurde der Kläger im Klinikum D. stationär behandelt. Der Unfallchirurg Dr. H. stellte die Diagnosen: Schädelhirntrauma Grad I, Kopfplatzwunde, HWS-Distorsion, Schulterprellung links. Der Kläger sei bei der Aufnahme wach und ansprechbar gewesen, allerdings unmittelbar nach dem Unfall stark benommen. Er habe Hypalgesie und Kribbelparaesthesien an der linken Hand beklagt, die jetzt rückläufig seien. Während des stationären Aufenthalts sei der Kläger neurologisch unauffällig gewesen. Eine CT-Abklärung habe keinen Hinweis auf eine traumatische Läsion der Schulter gebracht. Bei insgesamt rückläufiger Beschwerdesymptomatik und freier Schulterbeweglichkeit sei der Kläger entlassen worden.
Ein MRT der Halswirbelsäule vom 19. August 2002 zeigte eine Signalveränderung im Bereich HWK 7 linksseitig ohne Nachweis einer Gefügestörung, eine Deckplattenimpressionsfraktur BWK 3, eine Grundplattenimpressionsfraktur BWK 4 und 5, Kontusionen bei BWK 2, geringgradige degenerative Veränderungen im Bereich der Halswirbelsäule, sowie eine kleine traumatische Schmorl'sche Reaktion bei BWK 3/4.
Der Neurologe Dr. L. diagnostizierte am 9. September 2002 eine schwere HWS-Distorsion mit Wurzelschädigung C7 und sensiblen und motorischen Defiziten. Am 24. Oktober 2002 wies Dr. L. auf relativ therapierefraktäre, sich chronifizierende Restbeschwerden hin. Der Kläger berichte über Nackenschmerzen, erhebliche Defizite auch im kognitiven mentalen Bereich mit vermehrter Stressanfälligkeit, Ängste vor erneuten Fehleinschätzungen und tinnitusähnliche Geräusche am linken Ohr. Eine Progredienz des Leidens habe sich nicht gezeigt, aber auch keine Besserung. Die Beschwerden wirkten glaubhaft.
Nach Untersuchung des Klägers am 16. Dezember 2002 berichtete Dr. L., im Vordergrund stünden die Nacken-Schulter-Arm-Schmerzen, also die Folgen der HWS-Distorsion und der Schulterkontusion. Darüber hinaus bestehe eine reaktiv aufgetretene psychosomatische Belastungsreaktion. Arbeitsunfähigkeit habe bis zum 21. September 2002 bestanden, danach verminderte Belastbarkeit. Behandlungsbedürftigkeit bestehe weiterhin auf noch nicht absehbare Zeit.
Der Diplom-Psychologe B. diagnostizierte am 2. Februar 2003 eine Anpassungsstörung und depressive Reaktion. Die Beschwerden hätten sich in den letzten Wochen intensiviert.
Dr. L. erklärte im Bericht vom 19. Februar 2003, insgesamt sei es durch die Behandlungen zu einer Besserung gekommen. Neurologische Regelwidrigkeiten hätten nicht mehr festgestellt werden können. Psychisch fühle sich der Kläger noch nicht so belastbar, aber auch in diesem Bereich sei eine gewisse Besserung eingetreten.
Beigezogen wurden Unterlagen über einen Dienstunfall des Klägers vom 30. April 1985. Festgestellt wurde eine posttraumatische symptomatische Trigeminus-Neuralgie als Folge einer erheblichen Kopfprellung. Der Hausarzt Dr. M. rechnete 1989 mit dauernder Behandlungsbedürftigkeit. Die MdE wurde auf 10 v.H. festgesetzt.
Im Gutachten vom 15. Mai 2003 führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. aus, als Unfallfolge bestehe eine funktionell unbedeutende Abschwächung des linken Trizepssehnenreflexes mit Angabe von Dysästhesien ohne weitere Sensibilitätstörungen und ohne motorische Ausfälle. Auf psychiatrischem Gebiet stehe eine allmählich abklingende posttraumatische Belastungsstörung im Vordergrund. Arbeitsunfähigkeit habe bis 21. September 2002 bestanden, Behandlungsbedürftigkeit bestehe zurzeit noch auf psychiatrischem Fachgebiet. Die MdE werde bis zum 21. Dezember 2002 mit 30 v.H. eingeschätzt, bis 21. März 2003 auf 25 v.H., ...