Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenerstattung. Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a S 6 SGB 5. Sachleistungsanspruch. Fristbeginn. statthafte Klageart
Leitsatz (amtlich)
1. Wird der behauptete Anspruch darauf gestützt, dass die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V eingetreten sei, ist die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) statthaft.
2. Der Beginn der Frist des § 13 Abs 3a S 1 SGB V hängt nicht davon ab, wann der Krankenkasse die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen vorliegen.
3. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 13 Abs 3a S 6 SGB V bewirkt einen Anspruch auf Gewährung der beantragten Leistung als Sachleistung.
Orientierungssatz
1. Zu Leitsatz 2 vgl LSG München vom 12.1.2017 - L 4 KR 295/14.
2. Zu Leitsatz 3 entgegen LSG München vom 7.9.2016 - L 20 KR 597/15 = juris RdNr 28ff; Anschluss an BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 25/15 R = SozR 4-2500 § 13 Nr 33 RdNr 25.
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 19. Dezember 2014 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin eine Korrektur der cutis laxa beider Oberarme sowie eine Mammareduktionsplastik jeweils in einer Vertragsklinik als Sachleistung zu gewähren.
III. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Rechtszügen zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten einer operativen Straffung der Haut an beiden Oberarmen und einer Mammareduktionsplastik.
Die 1966 geborene Klägerin unterzog sich im April 2012 einer Magenbypass-Operation, deren Kosten von der Beklagten übernommen wurden. Dadurch konnte sie ihr Gewicht von 140 kg auf 79 kg (Stand: 04.04.2013) reduzieren. Als Folge der erheblichen und raschen Gewichtsabnahme verblieb eine Hautfaltenbildung bei cutis laxa, insbesondere an den Brüsten und Oberarmen.
Mit Schreiben vom 04.04.2013, eingegangen bei der Beklagten am 08.04.2013, beantragte Chefarzt Dr. P., A. Klinik in B-Stadt, die streitgegenständlichen Operationen. Er diagnostizierte eine deutlich therapiebedürftige Neurodermitis, die in Zusammenhang mit der cutis laxa, vor allem im Bereich der Oberarme und im Bereich der ptosis mamma in den Submammärfalten ausgeprägte Beschwerden mit Ekzembildung und Intertrigosymptomatik verursache. Die Entfernung der überschüssigen Haut sei deshalb indiziert, um eine bessere dermatologische Behandlung zu gewährleisten.
Mit Schreiben vom 12.04.2013 bat die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) um Stellungnahme anhand einer beigefügten Fotodokumentation. Dieser führte in seiner Stellungnahme vom 10.05.2013 aus, es beständen keine relevanten Funktionsbehinderungen; auch liege keine entstellende Situation vor. Intertriginöse Ekzeme ließen sich auf der Fotodokumentation nicht nachweisen. Aufgrund dessen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 15.05.2013 ab.
Mit ihrem Widerspruch hiergegen legte die Klägerin ein nervenärztliches Attest ihres Psychiaters Dr. K. vor, nach dem sich die Klägerin durch die hängenden Brüste und Haut an den Oberarmen entstellt fühle und sich insbesondere in der warmen Jahreszeit nicht mehr unter die Leute traue. In kurzärmeliger Kleidung schäme sie sich ihres Aussehens. Aus nervenärztlicher Sicht sei es dringend erforderlich, die beantragten Operationen vorzunehmen, um ein weiteres Abrutschen der Patientin in die Depression zu verhindern. Die Klägerin selbst trug außerdem vor, dass "unter den Hautlappen manchmal alles offen sei". Dafür nehme sie dann u. a. Cremes mit Cortison.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Den körperlichen Unregelmäßigkeiten der Klägerin komme kein Krankheitswert im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V zu.
Hiergegen hat die Klägerin am 18.11.2013 beim Sozialgericht Regensburg (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es komme auf die medizinische Beurteilung des Falls nicht mehr an. Vielmehr sei bereits im Antragsverfahren die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V eingetreten. Aus diesem Grund stehe der Klägerin der geltend gemachte Sachleistungsanspruch zu. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit könne nicht mehr erfolgen (LSG NRW, Beschluss vom 23.05.2014, Az. L 5 KR 222/14 B ER, Rn. 9). Ergänzend hat sie vorgetragen, die Hautüberschüsse verursachten funktionelle Einschränkungen dergestalt, dass die Bewegungsfähigkeit in alle Richtungen eingeschränkt sei. Hinzu kämen Reizungen der Haut bis hin zu rezidivierenden Entzündungen der Problemstellen. Die streitgegenständlichen Operationen seien postbariatrisch-plastischer, nicht aber ästhetischer Natur. Die Klägerin sei durch die vorliegenden Befunde entstellt. Dies verursache einen hohen Leidensdruck psychischer Art.
Das SG hat im vorbereitenden Verfahren Befundberichte der behandelnden Ärzte der Klägerin sowie ein Gutachten der Sachverständigen Dr. L. eingeholt. Letztere hat in ihrem Gutachten vom 23.09.2014 ausgeführt, die Haut...