Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintritt der Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten gestellten Leistungsantrags bei nicht fristgerechter Bescheidung durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Die Genehmigungsfiktion eines vom Versicherten bei der Krankenkasse gestellten Leistungsantrags tritt nach § 13 Abs. 3a SGB 5 ein, wenn die Krankenkasse die in Abs. 3a S. 1 vorgeschriebene Frist zur Bescheidung nicht einhält, ohne den Versicherten über die taggenaue Fristüberschreitung und deren Gründe zu informieren. Eine bloße Unterrichtung über die Einschaltung des MDK sowie über die noch andauernde Information genügt nicht.
2. Rechtsfolge der Fristversäumung ist der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a S. 6 SGB 5. Diese gewährt dem Versicherten sowohl einen Sachleistungsanspruch als auch einen Kostenerstattungsanspruch.
3. Dieser ist lediglich darauf beschränkt, dass der Versicherte die beantragte Leistung für erforderlich halten durfte und diese nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegt. Eine Körperstraffung- bzw. Wiederherstellungsoperation liegt nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tenor
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 05.02.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.07.201 verurteilt, die Kosten für eine Gesäß-, Oberarminnen- und Bruststraffungsoperation nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer Genehmigungsfiktion umstritten.
Die am 00.00.1965 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Dort beantragte sie am 28.11.2014 die Kostenübernahme für Wiederherstellungsoperationen nach Gewichtsabnahme in Folge einer Magen-Bypass-Operation. Sie überreichte eine die Operationen befürwortende Stellungnahme von C1 vom N Krankenhaus T2 H C2/S1-T2 vom 18.11.2014. Danach bestehen bei der Klägerin hängende Haut-/Weichteilschürzen in folgenden Bereichen: Ober- und Unterbauch, Gesäß, Oberschenkelinnenseiten und Oberarme, zudem seien ptotische, "leere" Mammae nach massivem Gewichtsverlust von 70 kg gegeben. Als Therapie empfehle er eine Bauch- und Gesäßstraffung mittels Dermolipektomie im Sinne eines unteren Bodylift, eine Oberschenkel- und Oberarmstraffung mittels Dermolipektomie im Bereich Oberschenkel und Oberarminnenseite sowie eine Bruststraffung. Die Beklagte veranlasste ein sozialmedizinisches Gutachten durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), worüber sie die Klägerin unter dem 27.11.2014 unterrichtete und darauf verwies, dass die Bearbeitung noch andauere. Auch anlässlich der Anforderung einer Fotodokumentation der zu straffenden Körperareale über den MDK unterrichtete die Beklagte über die noch andauernde Bearbeitung. Unter dem 27.01.2015 führte X1 für den MDK aus, die Beklagte solle die Kosten für die gewünschten Operationen nicht übernehmen. Die Hautüberschüsse hätten kein krankheitswertiges Ausmaß. Es ergäben sich keine Hinweise auf rezidivierende intertriginöse Hautveränderungen, die über wenigstens 6 - 8 Wochen frustran fachdermatologisch behandelt worden seien. In der ärztlichen Bescheinigung aus dem N-Krankenhaus werde ausdrücklich erwähnt, dass zu diesem Zeitpunkt keine entzündlichen Hautveränderungen im Bereich des Ober- und Unterbauches vorgelegen hätten. Diesem Gutachten folgend lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Straffungsoperationen mit Bescheid vom 05.02.2015 ab.
Bereits am 06.02.2015 hat die Klägerin Klage erhoben.
Erst danach hat die Klägerin dem Ablehnungsbescheid vom 05.02.2015 widersprochen. Sie hat eine Bescheinigung des E-Krankenhauses X2 vom 12.02.2015 überreicht, wonach eine langfristige und suffiziente Beseitigung der dermatologischen sowie funktionellen Problematik ausschließlich durch eine chirurgische Maßnahme zu erzielen sei. Auch der Orthopäde X3 hat die Straffungsoperationen empfohlen, andernfalls würden orthopädische Probleme auftreten (Attest vom 11.02.2015).
Diesen Widerspruch hat die Beklagte zum Anlass genommen, vom MDK ein weiteres Gutachten erstellen zu lassen. S2 hat unter dem 01.06.2015 empfohlen, die Kosten für die Oberschenkel- sowie die Bauchdeckenstraffungsoperationen zu übernehmen, hier seien funktionelle Einschränkungen wegen der Pendelbewegungen (der Hautüberschüsse) beim Gehen nachvollziehbar. Im Übrigen seien die Hautüberschüsse aber ohne Krankheitswert. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2015 hat die Beklagte die Kosten für die operative Oberschenkel- und Bauchdeckenstraffung übernommen, den Widerspruch aber im Übrigen unter Bezugnahme auf das Gutachten von S2 zurückgewiesen.
Die Klägerin ist der Auffassung, die beantragten Wiederherstellungsoperationen gelten nach Überschreitung der Entscheidungsfrist als genehmigt. Der Eintritt dieser Rechtsfolge werde durch zahlreiche Urteile bestätigt, auch das Bundessozialgericht (BSG) habe diese Re...