Entscheidungsstichwort (Thema)
Alterssicherung der Landwirte. Landwirtsehegattin. vorzeitige Altersrente nach § 12 Abs 1 ALG. kein Anspruch bei Vorversterben des Ehemanns vor Erreichen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Hat der verstorbene Ehegatte zu keinem Zeitpunkt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 11 oder des § 12 Abs 2 oder des § 12 Abs 2 iVm § 87c Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) auf Regelaltersrente oder vorzeitige Altersrente erfüllt, kann dem jüngeren Ehegatten eine vorzeitige Altersrente nicht gewährt werden.
2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 12 ALG bestehen nicht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 8. Januar 2018 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von vorzeitiger Altersrente nach § 12 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Die Klägerin ist 1953 geboren, ihr inzwischen verstorbener Ehemann 1950. Am 16.08.2013 starb der Ehegatte der Klägerin und die Klägerin beantragte Witwenrente, die ihr mit Bescheid vom 21.01.2014 ab dem 01.09.2013 gewährt wurde.
Am 01.09.2015 beantragte die Klägerin vorzeitige Altersrente ab dem 55. Lebensjahr für Ehegatten. Mit dem streitigen Bescheid vom 04.09.2015 lehnte die Beklagte die Gewährung von vorzeitiger Altersrente ab. Nach § 12 Abs. 1 ALG könnten Landwirte die Altersrente bis zu 10 Jahren vor Erreichen der Regelaltersgrenze vorzeitig in Anspruch nehmen, wenn der Ehegatte bereits Anspruch auf eine Regelaltersrente oder vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte habe oder gehabt habe, die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt sei und das landwirtschaftliche/gärtnerische Unternehmen abgegeben sei. Der Ehegatte der Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Regelaltersrente oder vorzeitige Altersrente für langjährig Versicherte gehabt. Ein Anspruch auf vorzeitige Altersrente bestehe daher nicht.
Mit Widerspruch vom 09.09.2015 erklärte die Klägerin, dass ihr Ehemann das 65. Lebensjahr am 04.06.2015 vollendet hätte. Auch die Wartezeit von 35 Jahren sei mit insgesamt 491 auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragsmonaten und damit 40 Jahren und 11 Monaten erreicht. Damit hätte ihr Ehemann ab Juli 2015 Anspruch auf vorzeitige Altersrente gehabt. Dass er zuvor schon ab 01.05.2012 Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt bekommen habe, spiele keine Rolle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.01.2016 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück, da der verstorbene Ehemann der Klägerin nicht zu Lebzeiten bereits einen Anspruch auf Regelaltersrente, vorzeitige Altersrente nach § 12 Abs. 2 ALG oder vorzeitige Altersrente nach § 12 Abs. 2 i. V. m. § 87c ALG gehabt habe. Die Formulierung "gehabt hat" lasse die vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente zwar auch bei solchen Personen zu, bei denen der andere Ehegatte bereits verstorben sei und vor seinem Tod bereits alle materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Rente erfüllt habe. Der verstorbene Ehegatte der Klägerin habe allerdings zu Lebzeiten die für den Anspruch auf die genannten Renten erforderlichen Altersgrenzen nicht erreicht.
Mit ihrer Klage zum Sozialgericht Bayreuth hat die Klägerin ausgeführt, dass die Beklagte bei ihrer Interpretation der Vorschriften vollkommen außer Acht lasse, dass im Erlebensfall mit Erreichen eines Alters von 65 Jahren und 4 Monaten der Bezug einer Rente wegen Erwerbsminderung von Amts wegen und ohne dass es hierzu eines Antrages bedürfe, sowohl bei Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung als auch bei Renten aus der landwirtschaftlichen Altershilfe in der Regel in Altersrenten umgewandelt würden. Andernfalls müsste auch der Tod eines Landwirts nach Bewilligung der (vorzeitigen) Altersrente an beide Ehegatten, aber vor Beginn der Altersrente dazu führen, dass der Bescheid aufzuheben wäre.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 08.01.2018 im Wesentlichen unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheids die Klage abgewiesen. Auch der von der Klägerin geschilderte Fall wäre nicht anders zu beurteilen.
Mit ihrer Berufung hat sich die Klägerin ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gem. Art. 3 Abs.1 Grundgesetz (GG) berufen. Danach bestehe ein Anspruch auf vorzeitige Altersrente nach § 12 ALG auch in den Fällen, in denen der Ehemann vorverstorben sei und die Voraussetzungen auf Regelaltersrente, vorzeitige Altersrente nach § 12 Abs. 2 ALG oder vorzeitige Altersrente nach § 12 Abs. 2 i. V.m. § 87c ALG alleine deshalb nicht erfüllt hätten werden könnten.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 04.09.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.01.2016 und den Gerichtsbescheid vom 08.01.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 01.11.2015 eine vorz...