Tenor
I. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit S 11 AS 102/05 durch Abschluss des Vergleiches vom 10.10.2006 beendet worden ist.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Rechtsstreit L 11 AS 102/05 durch den Vergleich vom 10.10.2006 beendet worden ist.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) für die Zeit ab 01.04.2005. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er Alg II bezogen, da seine Vermögensverhältnisse nicht in Einzelheiten bekannt waren. Das Sozialgericht Würzburg (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt (Az: L 11 AS 102/05). In der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2006 haben die Beteiligten folgenden Vergleich geschlossen:
I. Die Beklagte erklärt sich bereit, auf der Grundlage des Antrags des Klägers vom Juni 2006 für einen Bewilligungszeitraum ab 01.09.2006 einen Bescheid zu erlassen, bei dem das Kfz nach Abzug der Schulden auf das Kfz mit einem Wert von 17.000,-- EUR als Vermögen des Klägers berücksichtigt wird.
II. Der Kläger nimmt das Angebot unter I. an.
III. Die Beteiligten erklären übereinstimmend, dass der Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.08.2006 damit für beide Parteien hinsichtlich der daraus entstehenden Ansprüche in vollem Umfang erledigt ist.
IV. Der Kläger erklärt: "Ich nehme die Klage zurück".
V. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
VI. Die Beteiligten erklären übereinstimmend, dass mit Abschluss dieses Vergleichs der Rechtsstreit in vollem Umfang erledigt ist.
Mit Schreiben vom 24.10.2006 hat der Kläger den Vergleich wegen arglistiger Täuschung durch das Gericht angefochten und beantragt, ihm für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis zum 30.09.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ohne Anrechnung von Vermögen zu bewilligen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Akte des Bayer. Landessozialgerichts zum Verfahren L 11 AS 102/05 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsverfahren vor dem Bayer.Landessozialgericht L 11 AS 102/05 ist durch den Vergleich vom 10.10.2006 beendet worden.
Ein Vergleich ist zustande gekommen. Er verstößt nicht gegen § 101 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn die Beteiligten konnten über den Gegenstand der Klage verfügen. Es handelte sich auch um eine vergleichsweise Beendigung des Verfahrens. Das gegenseitige Nachgeben ist darin zu sehen, dass der Kläger auf dem von ihm erhobenen Anspruch auf Leistung für die Zeit vom 01.04.2005 bis 09.10.2006 und die Beklagte auf eine eventuelle Rückforderungen überzahlter Leistungen für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.03.2005 verzichtet hat.
Der Prozessvergleich hat dabei eine Doppelnatur. Er ist einerseits ein materiell-rechtlicher Vertrag, für den materielles Recht gilt, andererseits aber auch Prozesshandlung der Beteiligten, die den Rechtsstreit unmittelbar beendet und deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts richtet (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Aufl, § 101 RdNr 3 mwN).
Der Vergleich vom 10.10.2006 als Prozessvergleich ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden, er ist in der mündlichen Verhandlung in Anwesenheit der Beteiligten des Rechtsstreites vor dem Senat zur Niederschrift abgeschlossen worden (§ 101 Abs 1 SGG). Aus der Niederschrift ergibt sich, dass der Vergleichswortlaut den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt worden ist. Die Niederschrift ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften ausgefertigt und vom Vorsitzenden sowie der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterschrieben worden (§§ 122 SGG, 159, 160 Zivilprozessordnung - ZPO -). Die Unterschrift der Beteiligten ist nicht erforderlich. Der Kläger hat dem Vergleich nach Vorlesen ausdrücklich zugestimmt, wie sich aus dem Protokoll ergibt (§ 122 SGG iVm § 165 Satz 1 ZPO). Eine Widerrufsmöglichkeit ist darin nicht vorgesehen. Prozessrechtliche Gründe für eine Unwirksamkeit des Prozessvergleiches sind somit nicht ersichtlich.
Der Prozessvergleich ist auch materiell-rechtlich wirksam. Wegen seiner Doppelnatur entfaltet der Prozessvergleich zwar keine Rechtswirksamkeit, wenn die Beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben oder er als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nichtig oder wirksam angefochten ist; das Gleiche gilt, wenn der nach dem Inhalt des Vergleichs als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht oder der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (§ 779 Abs 1 BGB; vgl. BSG Urteil vom 24.01.1991 - 2 RU 51/90 - Reg.Nr 19676).
Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit des Prozessvergleiches, etwa nach den Bestimmungen der §§ 116 ff BGB oder seine Unwirksamkeit nach § 779 Abs 1 BGB liegen nicht vor. Aber auch eine auf § 123 Abs 1 BGB gestützte ...