Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 17. April 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die ungekürzte Berücksichtigung einer rumänischen Beitragszeit vom 1. Juni 1966 bis 31. Dezember 1977 bei der Altersrente des (verstorbenen) Versicherten I. B. für den Zeitraum Juli 1995 bis Januar 1999.

Die Klägerin ist Witwe und Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten I. B., der 1927 geboren und am 31.01.1999 verstorben ist. Klägerin und Versicherter sind als Spätaussiedler am 01.07.1995 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland übergesiedelt.

Am 20.10.1995 beantragte der Versicherte Kontenklärung sowie Regelaltersrente. Er hat nach seinen Angaben in Rumänien zunächst als Bauer gearbeitet, von 1951 bis 1959 in der elterlichen Landwirtschaft und dann von 1960 bis 1990 bei der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) B. (B.), zumindest seit 1964 durchgehend als Tierpfleger. Er habe Barlohn sowie Sachbezüge (Getreide) erhalten und sei in der staatlichen Rentenversicherung versichert gewesen; von der LPG habe er seit 1990 auch Rente bezogen. Die LPG B. bestätigte dem Versicherten die geltend gemachten Beschäftigungszeiten von 1960 bis 1990. Die Bescheinigung trifft keine Aussage über Arbeitstage bzw. Krankheits- oder andere Fehlzeiten; stattdessen quantifiziert sie das geforderte Arbeitsvolumen in Gegenüberstellung zu den tatsächlich geleisteten Arbeitsnormen sowie das Gesamteinkommen und den Beitrag pro Jahr; letzterer liegt über den gesamten Zeitraum bei 120. Das Arbeitsvolumen wird in vielen Jahren mit 120, 150 bzw. (maximal) mit 200 angegeben, von 1978 bis 1982 liegt dieser Wert unter 100. Die geleisteten Arbeitsnormen übersteigen in jedem einzelnen Jahr das geforderte Arbeitsvolumen in der Zeit von 1966 bis 1984 um ein Vielfaches, seit 1985 regelmäßig um 40-80 % mit der Ausnahme des Jahres 1985 (10 %).

Mit Rentenbescheid vom 24.09.1997 bewilligte die Beklagte dem Versicherten Regelaltersrente ab 18.10.1995 und kürzte dabei die Entgeltpunkte für die Fremdrentenzeiten um 1/6.

Hiergegen erhob der Versicherte Widerspruch und machte - neben anderen Streitgegenständen, zu denen der Teilabhilfebescheid vom 21.01.1998 erging - die ungekürzte Anrechnung der Zeit von Januar 1966 bis Dezember 1977 geltend.

Bezüglich des hiesigen Streitgegenstandes wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.1998 zurück. Die Beitragszeiten vom 13.01.1960 bis 31.12.1990 seien nur glaubhaft gemacht und nicht nachgewiesen. Es fehle der Beweis für eine ununterbrochene Beitragsentrichtung.

Hiergegen erhob der Versicherte am 30.04.1998 Klage zum Sozialgericht Augsburg, die nach seinem Tod von der Klägerin weiterbetrieben wurde, und beantragte u.a. die ungekürzte Berücksichtigung einer Beitragszeit nach § 15 FRG, zunächst von 1966 bis 1977, dann jedoch zusätzlich von 1978 bis einschließlich 1990.

Die Beklagte legte ein Schreiben des rumänischen Versicherungsträgers vom 03.04.1995 vor. Hiernach ist seit März 1972 "unter einem Jahr Beschäftigungszeit in der LPG zu verstehen, dass das Mitglied in dem betreffenden Jahr das von der Generalversammlung festgelegte Arbeitsvolumen eingebracht hat. Um die Beschäftigungszeit von einem Jahr berücksichtigen zu können, sollte das LPG-Mitglied wenigstens die von der Generalversammlung geplanten Normen erzielt haben." Die Beklagte betont aufgrund dessen den Zusammenhang zwischen Rentenversicherung und tatsächlicher Tätigkeit; die bloße LPG-Mitgliedschaft reiche mithin nicht aus. Auch aus den geplanten und realisierten Normen lasse sich der tatsächliche Umfang der Beschäftigung nicht entnehmen.

Zur Tätigkeit des Versicherten in der LPG benannte die Klägerin die Zeugen K. M., S. G. und S. S. . Diese wurden im Erörterungstermin vom 06.03.2003 vernommen. K. M. gab an, "31 Jahre lang jeden Tag mit Herrn B. zusammengearbeitet" zu haben, "auch am Sonntag".

Die Klägerin legte ein Verbandsrundschreiben des VdR vom 25.09.2001 vor. Hiernach ist für beschäftigte Mitglieder von Kolchosen und Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG'en) eine "ungekürzte Anrechnung der Zeiten nicht ausgeschlossen, soweit im jeweiligen Jahr eine über den 5/6-Umfang hinausgehende tatsächliche Arbeitsleistung nachgewiesen ist.", z.B., "wenn im Arbeitsbuch mehr als 300 (ggf. hochgerechnete) Arbeitstage bescheinigt sind". Dies gelte für rumänische Zeiten, wenn das jeweils vorgesehene Minimum an Normen erfüllt sei.

Dem hielt die Beklagte entgegen, die Rentenversicherungsträger hätten ihre Rechtsauffassung zu der Fallgestaltung geändert, dass mehr Normen erzielt als geplant seien. Sie stellte mit Bescheid vom 09.04.2003 die Rente neu fest.

Mit Urteil vom 07.04.2004 verurteilte das SG Augsburg - ohne mündliche Verhandlung - die Beklagte, bei der Regelaltersrente von Juli 1995 bis Januar 1999 die Beitragszeit ungekürzt zu berücksichtigen. Dabei...

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