Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Wartezeiterfüllung. Gesamtbeitragszeit. zwischenstaatliches Recht. Addition von bosnischen Beitragszeiten
Leitsatz (amtlich)
Bei Bildung der Gesamtbeitragszeit zur Feststellung der Wartezeiterfüllung für Versicherten und Hinterbliebenenrenten sind auch die im ehemaligen Jugoslawien (oder in den Nachfolgestaaten, in denen das deutsch jugoslawische Sozialversicherungsabkommen (juris: SozSichAbk YUG) fort gilt) zurückgelegten Zeiten nach dem im Inland anzuwendenden Recht zu ermitteln. Für Renten nach dem 6. Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB 6) zählt nach § 122 Abs 1 SGB 6 ein Kalendermonat, der nur zum Teil mit rentenrechtlichen Zeiten belegt ist, als voller Monat.
Orientierungssatz
Zur Frage der Wartezeitermittlung nach § 122 Abs 1 SGB 6 vgl LSG München vom 19.5.2004 - L 16 RJ 93/03 und vom 3.2.2004 - L 16 RJ 110/03.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, auf welcher Rechtsgrundlage die für die Bewilligung von Witwenrente maßgebliche Gesamtbeitragszeit zu ermitteln ist.
Die 1954 geborene Klägerin ist die Witwe des 1950 geborenen und 1981 verstorbenen Versicherten S. A.. Der Versicherte hatte im Zeitraum vom 20.05.1971 bis zu seinem Tod sowohl in Jugoslawien als auch in Deutschland Rentenversicherungszeiten zurückgelegt.
Den ursprünglichen Antrag der Klägerin vom 13.07.1981 auf Hinterbliebenenrente hatte die Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 11.02.1982 mit der Begründung abgelehnt, auf die Wartezeit seien nur 22 in Deutschland erworbene und 30 vom jugoslawischen Versicherungsträger mitgeteilte Versicherungsmonate anzurechnen, so dass die erforderliche Versicherungszeit von 60 Kalendermonaten nicht erfüllt sei.
Am 12.05.2003 ging bei der Beklagten ein Antrag der Klägerbevollmächtigten auf Neufeststellung gemäß § 44 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch - SGB X - ein, den die Beklagte mit Bescheid vom 04.06.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.08.2003 erneut mit der Begründung ablehnte, die Wartezeit sei nicht erfüllt. Allerdings hatte sie - unter Beachtung einer Beanstandung ihrer Rechnungsprüfungsstelle - nunmehr 33 jugoslawische Versicherungsmonate bzw. eine Gesamtversicherungszeit von 55 Kalendermonaten anerkannt.
Im anschließenden Klageverfahren hat die 7. Kammer des Sozialgerichts (SG) Landshut mit Urteil vom 22.07.2005 die Verwaltungsentscheidung aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 01.01.1999 Witwenrente zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Rentenablehnung mit Bescheid vom 11.02.1982 sei rechtswidrig gewesen, so dass dem Neufeststellungsantrag - unter Beachtung der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X - zu entsprechen sei. Das SG folge bei seiner Entscheidung dem Urteil des 16. Senats des Bayerischen LSG vom 03.02.2004 (L 16 RJ 110/03), wonach auch unter Berücksichtigung des fort geltenden deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens, nur teilweise mit Versicherungszeiten belegte Monate nach § 122 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch - SGB VI - als volle Monate zählten. Die Wartezeit von 60 Monaten sei daher erfüllt (39 Monate im Heimatland und 22 in der Bundesrepublik Deutschland).
Im anschließenden Berufungsverfahren haben sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung des 14. Senats vom 17.05.2010 vergleichsweise dahingehend geeinigt, dass die Beklagte den Neufeststellungsantrag vom 09.05.2003 als neuen Leistungsantrag werten und - unter Beachtung der dann geltenden Regelungen des SGB VI - hierüber rechtsbehelfsfähig entscheiden werde. Denn im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X hätte - laut Hinweis des Senats - auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides, somit auf § 1250 Reichsversicherungsordnung (RVO), abgestellt werden müssen, wonach die erfolgte Umrechnung der vom jugoslawischen Versicherungsträger gemeldeten Zeiten der Gesetzeslage in Deutschland noch entsprochen habe.
In Ausführung dieses Vergleichs hat die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.08.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2010 über den Antrag auf Witwenrente vom 09.05.2003 auf der Grundlage der Bestimmungen des SGB VI entschieden. Im Ergebnis ist der Rentenantrag erneut mangels Erfüllung der Wartezeit abgelehnt worden, wobei allerdings nunmehr - neben den 22 deutschen Beitragsmonaten - 37 Beitragsmonate, die der Versicherte in Jugoslawien zurückgelegt hatte, berücksichtigt worden sind. Zur Begründung hat die Beklagte die "vom serbischen Versicherungsträger in B. mit Formblatt 205 am 30.03.1982 gemeldeten Zeiten" aufgelistet und ausgeführt, die Summe der Monate sei für jeden eingetragenen Einzelzeitraum zu ermitteln, wobei die Anzahl der Jahre mit zwölf zu multiplizieren, die Zahl der Monate hinzuzuzählen und fü...