Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente. Erwerbsminderung. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Drei-Fünftel-Belegung. Leistungsvermögen. Berufsausübung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Versicherungsschutz bleibt gemäß der für einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vorausgesetzten Drei-Fünftel-Belegung nur für weitere zwei Jahre nach dem zuletzt entrichteten Pflichtbeitrag aufrecht erhalten.

2. Die tatsächliche Ausübung einer Berufstätigkeit und regelmäßig auch die Meldung bei der Arbeitsverwaltung spricht gegen das Vorliegen einer wesentlichen zeitlichen Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens.

3. Der Anspruch auf eine deutsche Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist unabhängig davon, ob im Ausland eine Invalidenrente bezogen worden ist, allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen.

 

Normenkette

SGB VI § 43 Abs. 1-2

 

Tenor

I. Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 16. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Der Kläger, der 1954 geboren und Staatsangehöriger der Republik Bosnien und Herzegowina ist, hat nach seinen Angaben keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik Deutschland als Bauarbeiter beschäftigt. In der Bundesrepublik Deutschland weist er insgesamt 22 Monate Pflichtbeitragszeiten auf, nämlich vom 3. April 1995 bis 17. Juli 1995, 1. Januar 1996 bis 12. Juli 1996, 12. September 1996 bis 31. Dezember 1996, 4. Februar 1997 bis 24. Mai 1997 und 26. Mai 1997 bis 27. August 1997. In seiner Heimat hat er Pflichtbeitragszeiten vom 27. März 1973 bis 3. April 1992 (218 Monate und acht Tage) zurückgelegt. Außerdem war er vom 1. März 1971 bis 31. Dezember 1971 und vom 1. März 1972 bis 31. Dezember 1972 in der Republik Österreich versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 15. November 2001 bezieht er in seiner Heimat Invalidenrente und ab 1. November 2001 eine österreichische Invalidenrente.

Einen ersten Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung stellte er am 19. Oktober 2001 (Eingang bei der Beklagten am 9. April 2003). Im Gutachten der Invalidenkommission vom 29. Januar 2003 heißt es, der Kläger sei völlig und auf Dauer berufs- und erwerbsunfähig. Er leide seit 20 Jahren an einer Zuckerkrankheit, die seit zwei Jahren mit Insulin therapiert werde. Vor zwei Jahren seien drei Zehen am rechten Fuß amputiert worden. Wegen diabetischer Veränderungen sei er mehrere Male in der Augenklinik in Zagreb ohne größere Besserung behandelt worden. Es bestehe ein ziemlich schlechtes allgemeines Aussehen. Der Kläger sehe nichts. Er bewege sich mithilfe einer zweiten Person nur erschwert fort. Es bestünden Anzeichen eines psychoorganischen Syndroms. Der Prüfarzt Dr. D. wies daraufhin, der Kläger könne nur mehr unter drei Stunden täglich erwerbstätig sein. Mit Bescheid vom 11. April 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien, ausgehend vom Datum der Antragstellung, nicht gegeben. Nach Erhebung des Widerspruchs lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Mai 2003 erneut einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung ab. Zwar bestehe eine volle Erwerbsminderung, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien jedoch nicht erfüllt. Den Widerspruch gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. November 2003 wegen Fristversäumung als unzulässig zurück, sah den Widerspruch des Klägers vom 18. September 2003 als Überprüfungsantrag an und lehnte wiederum einen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 19. November 2003 ab. Von den letzten fünf Jahren vor dem Eintritt Erwerbsminderung am 19. Oktober 2001 seien nicht mindestens drei Jahre mit Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt.

Am 19. November 2004 stellte der Kläger einen weiteren Antrag auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, der daraufhin am 6. Januar 2005 von der Invalidenkommission untersucht wurde. Diese gab an, der Kläger sei seit vielen Jahren Diabetiker und werde seit zwei Jahren mit Insulin behandelt. Bei der Untersuchung seien ein ziemlich schlechter allgemeiner Aspekt festgestellt worden, eine erschwerte Beweglichkeit wegen der toxischen Neuropathie und Angiographie, ein schlechtes Sehvermögen wegen diabetischer Retinopathie und ein depressives Syndrom. Der Kläger sei seit 15. November 2001 nur mehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter zwei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dr. D. schloss sich bezüglich der Datierung des Versicherungsfalls der Beurteilung der Invalidenkommission an.

Mit Bescheid vom 19. April 2005 lehnte die Beklagte den Antrag vom 19. November 2004 ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzun...

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