Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung einer Altersrente. keine bindende Wirkung einer Entgeltvorausbescheinigung. Verzicht
Orientierungssatz
1. Eine bindende Wirkung einer Entgeltvorausbescheinigung steht der Zugrundelegung der nachträglich eingetretenen realen Entwicklung nicht entgegen. Die Rente ist neu festzusetzen, wenn sich herausstellt, dass die beitragspflichtigen Einnahmen zu niedrig bescheinigt wurden. Dies gilt jedenfalls für den Fall, dass der Rentenbescheid noch nicht bestandskräftig iS des § 77 SGG ist.
2. Bei dem vom Versicherten im Rentenantrag abgegebenen Einverständnis, dass das vorläufig bescheinigte Entgelt der Rentenberechnung zugrunde zu legen ist, ist kein Verzicht iS von § 46 Abs 1 S 1 SGB 1 zu sehen.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 28. November 2007 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 22. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. August 2004 wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 1. Mai 2004 eine Altersrente unter Berücksichtigung des im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2004 erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelts in Höhe von 11.603,00 EUR unter Anrechnung der gezahlten Rente zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der seit 1. Mai 2004 bezogenen Altersrente.
Der 1943 geborene Kläger war bei der Firma E. Deutschland GmbH beschäftigt. Er schloss am 19. November 2001/26. Februar 2002 mit der Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilzeit. Das bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis wurde mit Wirkung ab 1. Mai 2002 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt und endete am 30. April 2004. Er stellte am 2. Februar 2004 bei der Beklagten einen Antrag auf Versichertenrente nach Altersteilzeitarbeit und Vollendung des 60. Lebensjahres. In dem Formularantrag erklärte sich der Kläger einverstanden, dass der Rentenversicherungsträger zur Beschleunigung des Rentenverfahrens die bis zum Ende des Vormonats des Rentenbeginns maßgeblichen beitragspflichtigen Einnahmen im Voraus anfordert und der Rentenberechnung zugrunde legt. Sollten die tatsächlichen beitragspflichtigen Einnahmen von dem vorausbescheinigten Betrag abweichen, könnten diese erst bei einer später zu zahlenden Rente berücksichtigt werden. Der Kläger legte eine Entgeltbescheinigung der Arbeitgeberin vom 28. Januar 2004 für den Zeitraum vom 1. Januar 2003 bis 31. Januar 2004 sowie eine Entgeltvorausbescheinigung für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2004 in Höhe von 11.413 EUR vor.
Mit Rentenbescheid vom 22. März 2004 bewilligte die Beklagte ab 1. Mai 2004 eine auf der Grundlage des vorausbescheinigten Arbeitsentgelts berechnete Altersrente in Höhe von monatlich 1.436,64 EUR brutto.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger eine tarifliche Gehaltserhöhung ab 1. März 2004 und somit höhere Beitragsabgaben durch die Arbeitgeberin für die Monate März und April 2004 gegenüber der Entgeltvorausbescheinigung geltend. Die Arbeitgeberin bescheinigte am 12. Mai 2004, dass sich das effektive Arbeitsentgelt für den Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2004 auf 11.603,00 EUR belaufen habe. Zum Zeitpunkt der Ausstellung der Entgeltvorausbescheinigung am 28. Januar 2004 sei eine Tariferhöhung noch nicht bekannt gewesen. Der Tarifabschluss sei erst am 16. Februar 2004 erfolgt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2004 zurück. Die Vorausbescheinigung sei im Zeitpunkt der Ausstellung richtig im Sinne des § 70 Abs. 4 S. 2 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) gewesen. Es könne somit keine Neufeststellung der Altersrente vorgenommen werden.
Mit der Klage zum Sozialgericht Augsburg begehrte der Kläger die Auszahlung der Altersrente unter Berücksichtigung des tatsächlichen Entgelts. Die gesetzliche Regelung verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und stelle einen Gesetzesmissstand dar.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28. November 2007 ab. Gemäß § 70 Abs. 4 S. 2 SGB VI habe die tatsächlich erzielte beitragspflichtige Einnahme für die gewährte Rente bei Vorlage einer Vorausbescheinigung außer Betracht zu bleiben, auch wenn sie vom vorausbescheinigten Entgelt abweiche. Das vorausbescheinigte Arbeitsentgelt sei für diese Rente wegen Alters endgültig. Eine Neufeststellung sei lediglich dann vorzunehmen, wenn die Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Arbeitnehmer falsch sei. Vorliegend sei die Bescheinigung jedoch zutreffend gewesen, da zum Zeitpunkt der Bescheiderteilung die eingetretene Änderung aufgrund der erst zum 1. März 2003 erfolgten Tariferhöhung nicht bekannt gewesen sei. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) bestehe nicht. Im Übrigen habe sich der Kläger in seinem Rentenantrag ausdrücklich mit der Verwendung der Vorausbescheinigung einverstanden erklärt. Schließlich ergebe sich nur eine Erhöhung der monatlichen ...