Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung: Bemessung des Grades der MdE bei Bewegungseinschränkung infolge eines Schulterschadens
Leitsatz (amtlich)
Zur Höhe der MdE
Orientierungssatz
1. Bei einem Schulterschaden setzt eine MdE i.H.v. 10 v.H. eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk von vorwärts/seitwärts bis 120 Grad bei freier Rotation voraus. Als Hauptkriterium zur Bemessung der MdE ist dabei im Hinblick auf die Gebrauchsfähigkeit der Hand die Schultervorhebung zu sehen.
2. Voraussetzung einer Bewertung mit einer MdE i.H.v. 20 v.H. ist eine Bewegungseinschränkung im Schultergelenk von vorwärts/seitwärts bis 90 Grad bei freier Rotation.
Normenkette
SGB VII § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1 S. 1, § 56 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Sätze 1-2; SGG §§ 95, 128 Abs. 1 S. 1, § 193
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 23.02.2017 aufgehoben. Die Bescheide vom 22.10.2015 und vom 28.04.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2016 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen des Arbeitsunfalls vom 24.11.2014 eine Verletztenrente nach einer MdE in Höhe von 10 v.H. ab 03.11.2016 und nach einer MdE in Höhe von 20 v.H. ab dem 09.10.2018 zu bewilligen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sind zu 1/2 zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Verletztenrente aufgrund eines Arbeitsunfalls des Klägers vom 24.11.2014.
Der 1952 geborene Kläger, der bei der Beklagten als Betreiber einer eigenen Landwirtschaft versichert ist, bezieht von der Beklagten aufgrund eines Arbeitsunfalls vom 18.05.1992, bei dem er sich einen Ausriss des vorderen Kreuzbandes im rechten Kniegelenk zuzog, eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) i.H.v. 20 v.H.
Am 24.11.2014 erlitt der Kläger erneut einen Arbeitsunfall, als er bei dem Versuch, das Neugeborene einer kalbenden Kuh anzuseilen und herauszuziehen, auf den linken Arm stürzte. Er suchte am nächsten Tag den Durchgangsarzt auf, der eine Kontusion der linken Schulter diagnostizierte. Am 30.12.2014 wurde eine MRT der linken Schulter angefertigt, bei der eine ausgedehnte Ruptur bei subtotalem Abriss der Subscapularissehne sowie eine Partialruptur mit gelenknaher Längsruptur der Supraspinatussehne bei begleitender Tendinopathie der langen Bizepssehne, kommunizierendem Erguss in der Bursa subacromialis und subdeltoidea und im Schultergelenk bei aktivierter ACC-Arthrose festgestellt wurde. Vom 29.01.2015 bis 02.02.2015 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung im Universitätsklinikum F-Stadt - Klinik und Poliklinik für Unfall-, Hand-, plastische und Wiederherstellungschirurgie, wo er am 29.01.2015 an der linken Schulter operiert wurde.
Am 31.08.2015 erstellte Professor Dr. M. (M) im Auftrag der Beklagten ein chirurgisches Gutachten. M kam zu dem Ergebnis, dass es durch den Sturz zu einer Komplettierung einer bereits vorbestehenden Subscapularissehnen- bzw. Pulleyläsion gekommen sei. Vorbestehend seien zudem eine lange Bizepssehnentendinitis sowie eine AC-Gelenksarthrose gewesen. Eine unfallbedingte MdE sah M nicht gegeben.
Mit Bescheid vom 22.10.2015 (Widerspruchsbescheid vom 30.05.2016) lehnte die Beklagte die Bewilligung einer Verletztenrente wegen des Arbeitsunfalls vom 24.11.2014 ab. Im Laufe des Vorverfahrens erging zudem am 28.04.2016 ein Bescheid der Beklagten, mit dem sie gemäß § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vier offensichtliche Unrichtigkeiten im Bescheid vom 22.10.2015 berichtigte, bei denen sie anstatt von der linken Schulter bzw. von der linken Bizepssehne von der rechten Schulter bzw. von der rechten Bizepssehne des Klägers gesprochen hatte.
Gegen die Bescheide hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines unfallchirurgischen Fachgutachtens des Dr. G. (G) vom 03.11.2016. G kam abschließend zu dem Ergebnis, dass es durch den Unfall vom 24.11.2014 zu einer Distorsion/Kontusion der linken Schulter des Klägers gekommen sei. Vor dem Unfall hätten bereits ein Sehnendefekt der Subscapularissehne links sowie eine Pulley-Läsion links mit Luxation und Degeneration der langen Bizepssehne bestanden. Die unfallbedingte MdE hat G mit 0 v.H. beziffert.
Mit Urteil vom 23.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und eine privatgutachterliche Stellungnahme des Dr. E. (leitender Oberarzt der Sportklinik S-Stadt) vom 28.08.2017 vorgelegt. Der Senat hat, da dies erstinstanzlich noch nicht geschehen war, Beweis erhoben durch Beiziehung von Befundberichten der behandelnden Ärzte sowie der Schwerbehindertenakte des Klägers.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Prof...