nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Nürnberg (Entscheidung vom 27.01.1997; Aktenzeichen S 9 Kg 145/92) |
Tenor
I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. Januar 1997 verurteilt, dem Kläger den Kindergeldzuschlag für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger ein Drittel der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens erster Instanz und die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens in voller Höhe zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Kindergeldzuschuss gemäß § 11a des Bundeskindergeldgesetzes in der vor dem 01.01.1996 geltenden und letzten Fassung (BKGG a.F.) für fünf Kinder in den Jahren 1990 und 1991.
Der im Jahre 1959 geborene Kläger, ein spanischer Staatsangehöriger, war seit April 1974 als Wanderarbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) tätig. Zuletzt bezog er Lohnersatzleistungen und kehrte, nachdem ihm rückwirkend ab 01.01.1988 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt worden war (netto 1.381,77 DM monatlich ab 01.01.1988 und 1.457,42 DM ab 01.07.1989 laut Bescheid der Landesversicherungsanstalt Hessen vom 10.07.1989 in Ausführung des sozialgerichtlichen Vergleichs vom 03.05.1989), mit seiner Ehefrau und den aus dieser Ehe stammenden Kindern am 04.10.1989 in sein Heimatland zurück.
Für die fünf im Zeitraum von April 1980 bis März 1989 geborenen Kinder bezog er von der Beklagten Kindergeld; außerdem zahlte ihm die Beklagte den Kindergeldzuschlag für das Jahr 1988 und - gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. - vorläufig, zweimonatlich im Voraus - für das Jahr 1989.
Nachdem im Oktober 1989 der Verzug des Klägers nach Spanien amtsbekannt geworden war, überwies ihm die Beklagte das Kindergeld unter Berücksichtigung der Verordnung (EWG) Nr.1408/71 (EG-VO 1408/71) weiter, unter anderem auch für die Jahre 1990 und 1991; außerdem wurde noch im Juni 1990 die für November/Dezember 1989 ausstehende Rate des Kindergeldzuschlags gezahlt.
Den am 28.05.1990 gestellten Antrag auf vorläufige Zahlung des Kinderzuschlags für das Jahr 1990 gemäß § 11a Abs.8 BKGG a.F. lehnte die Beklagte mit bindend gewordenem Bescheid vom 26.06.1990 ab, weil der Kläger mangels eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in der BRD nicht im Inland steuerpflichtig sei und ihm somit für seine Kinder die Kinderfreibeträge nach § 32 Abs.6 des Einkommensteuergesetzes (EStG a.F.) nicht zustünden (sinngemäßer Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen in § 11a Abs.1 Satz 1 BKGG a.F.).
Am 19.06.1991 ging bei der Beklagten unter Bezugnahme auf den Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) mit Az.: 10 RKg 4/90 (gemeint Beschluss vom 28.02.1990 - Vorlage einer Rechtsfrage an den Europäischen Gerichtshof - EuGH -) ein Antrag auf Bewilligung des Kindergeldzuschlags für die Jahre 1990 und 1991 ein. Aus dem diesbezüglichen Formblatt im Zusammenhang mit vorher und nachher eingereichten Unterlagen für das Kindergeld (Kindergeldanträge nach dem in der Europäischen Gemeinschaft - EG - vorgesehenen Formblatt, Familienstandsbescheinigungen und Einkommensfragebögen) ergibt sich, dass die Kinder im Haushalt des Klägers und dessen Ehefrau lebten und die Einkünfte der Familie lediglich aus der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach deutschen Vorschriften sowie dem Kindergeld nach dem BKGG a.F. bestanden; der Kläger hatte keine Versicherungszeiten in Spanien zurückgelegt, seine Ehefrau war weder in der BRD noch in Spanien erwerbstätig.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19.09.1991 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kindergeldzuschlag für die Jahre 1990/91 mit derselben Begründung wie im Bescheid vom 26.06.1990 ab. In dem hiergegen erhobenen Widerspruch nahm der Kläger Bezug auf Art.77 Abs.2 Buchstabe a EG-VO 1408/71 ("Familienleistungen ... werden ohne Rücksicht darauf, in welchem Mitgliedstaat die Rentner oder die Kinder wohnen, wie folgt gewährt ...") und wies auf die Vorlage des BSG an den EuGH mit Beschluss vom 23.08.1989 - 10 RKg 26/88 (Sache der italienischen Staatsangehörigen R ... - 317/89) hin. Dort habe das BSG angefragt, ob die für Familienangehörige geltende Wohnsitzfiktion in Art.73 und 74 EG-VO 1408/71 zur Folge habe, dass der Arbeitnehmer und der Arbeitslose im Rahmen des § 11a BKGG a.F. und den dort genannten steuerrechtlichen Vorschriften so zu behandeln sei, als ob die Kinder im Geltungsbereich des BKGG wohnten. Diese Frage sei vom EuGH nicht beantwortet worden, weil die Bundesanstalt für Arbeit den Anspruch auf den Kindergeldzuschlag anerkannt und die Klägerin klaglos gestellt habe (vgl. BSG vom 28.02.1990 - 10 RKg 4/90).
Ebenso habe die Beklagte, um eine Entscheidung des EuGH in der Sache des spanischen Staatsangehörigen Caparros - 74/90 (Vorlagebeschluss des BSG vom 05.12.1989 - 11 RAr 135/88) zu vermeiden, einen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter fiktiver Zugrundelegung des Wohnsitzes der Ehefrau im Inland und der damit verbundenen inländischen Steuerklasse III entsprechend Le...