nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Würzburg (Entscheidung vom 21.04.1997; Aktenzeichen S 8 Kg 49/95) |
Tenor
I. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21. April 1997 wird, soweit es einen Kindergeldanspruch des Klägers ab 1. Januar 1996 betrifft, in der Hauptsache und im Kostenpunkt aufgehoben; insoweit wird der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
II. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 8. September 1997 wird aufgehoben.
III. Die erneute Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 18. August 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Oktober 1995 wegen Kindergelds von Juli bis Dezember 1995 wird abgewiesen.
IV. Die Klage wegen Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Verbescheidung eines für Juli bis Dezember 1995 verbindlich abgelehnten Kindergeldanspruchs wird abgewiesen.
V. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
VI. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig zwischen den Prozessbeteiligten sind die Fragen, ob dem Kläger ein Anspruch auf Kindergeld dem Grunde nach für die Zeit ab Juli 1995 zusteht (Bezug: Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 21.04.1997 - 8 Kg 49/95) und ob diese Entscheidung entgegen dem Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 08.09.1997 - 8 Kg 49/95 hinsichtlich eines Kindergeldanspruchs für die Zeit ab April 1997 gemäß § 140 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu ergänzen ist.
Der Kläger, ein im Jahre 1961 geborener polnischer Staatsangehöriger, reiste am 03.02.1987 mit einem Besuchersichtvermerk in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Ein Antrag auf Anerkennung als Asylberechtiger wurde Ende des Jahres 1987 bindend abgelehnt. Danach wurde dem Kläger aufgrund der "Ostblockbeschlüsse" der ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder wiederholt eine Duldung erteilt, am 14.11.1989 und am 25.10.1990 befristete Aufenthaltserlaubnisse nach dem Ausländergesetz (AuslG) a.F. Die zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis galt aufgrund des ab 01.01.1991 geänderten Ausländerrechts als Aufenthaltsbefugnis fort (§ 94 Abs.3 Nr.3 AuslG n.F.) und wurde im zweijährigen Turnus verlängert. Am 07.04. 1997 erteilte die Ausländerbehörde eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Bestrebungen des Klägers beim Landratsamt M ... und Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg um Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis bereits für die Zeit ab November 1996 blieben ohne Erfolg (klageabweisendes Urteil des Verwaltungsgerichts vom 12.03.1998 - W 7 K 97.107).
Der Kläger, der seit 15.03.1990 mit einer polnischen Staatsangehörigen mit ähnlichem aufenthaltsrechtlichen Status verheiratet ist, beantragte im Juli 1995 bei der Beklagten die Gewährung des Kindergelds für die am 24.07.1995 geborene Tochter A ... Mit Bescheid vom 18.08.1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.1995 wurde die Bewilligung von Leistungen abgelehnt, weil der Kläger nicht über eine Aufenthaltsgenehmigung in Form einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung (§ 1 Abs.3 Bundeskindergeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachtung vom 31.01.1994, BGBl.I S.168 - BKGG a.F.) verfüge.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg machte er geltend, die ihm erteilte Aufenthaltsbefugnis entspreche einer Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen sei § 1 BKGG, der an den Wohnsitz oder den gewöhnlichen Aufenthalt anknüpfe, so zu interpretieren, dass für einen Anspruch auf Kindergeld die Beitragspflicht zur Bundesanstalt für Arbeit maßgebend sei. Der Ausschluss vom Kindergeld sei diskriminierend und verfassungswidrig (Art.1, 3 und 20 Abs.3 des Grundgesetzes - GG) und verletzte die Menschenrechte.
Laut Sitzungsniederschrift vom 21.04.1997 erklärte der Vertreter der Bundesanstalt für Arbeit, diese sei unter Abänderung der angefochtenen Bescheide bereit, dem Kläger Kindergeld ab April 1997 zu gewähren, und die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend, dass Gegenstand des Rechtsstreits nur noch das Kindergeld vor April 1997 sei. Die Klage - laut Niederschrift wegen Gewährung von Kindergeld für A ... von der Geburt bis März 1997 - wurde mit Urteil des Sozialgerichts vom 21.04.1997 - S 8 KG 49/95 abgewiesen. Im streitigen Zeitraum bis einschließlich März 1997 sei der Kläger nicht im Besitz eines Verwaltungsakts gewesen, mit dem eine Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis ausgesprochen worden sei. Dies erfordere aber § 1 Abs.3 BKGG in der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung bzw. § 1 Abs.3 Satz 1 BKGG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 bzw. § 62 Abs.2 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in der ab 01.01.1996 geltenden Fassung. § 1 Abs.3 BKGG sei auch verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 31.10.1995 (SozR 3-5870 § 1 Nr.6) festgestellt habe. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei nicht ersichtlich, da der Gesetzgeber den Kindergeldanspruch auf solche Ausländer begrenzen wollte, von denen zu erwarten sei, dass sie auf Dauer in Deutsch...