Entscheidungsstichwort (Thema)

Mütterrente. Gesetzliche Rentenversicherung: Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung über die sog. Mütterrente für Bestandsrenten in § 307d Abs. 1 SGB VI ist ebenso verfassungsgemäß wie die bis zum 30.06.2014 geltende Regelung in § 249 SGB VI.

2. Auch aus der in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenen Verpflichtung des Staates zur Förderung der Familie ergibt sich keine Verpflichtung im Sinne einer stärkeren Berücksichtigung der Erziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. März 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der von der Beklagten gewährten Altersrente.

Die Klägerin ist 1946 geboren. Sie hat vier Kinder, die am 11.01.1967, am 06.02.1968, am 02.12.1975 und am 23.09.1977 geboren sind

Mit Bescheid vom 09.06.2011 bewilligte die Beklagte der Klägerin Regelaltersrente ab dem 01.08.2011 in Höhe von 170,53 € monatlich. Bei der Rentenberechnung sind Beitragszeiten (berufliche Ausbildung) vom 01.04.1963 bis zum 31.10.1966 berücksichtigt. Für die Zeiten der Kindererziehung sind als Pflichtbeitragszeiten außerdem folgende Zeiten gespeichert:

01.02.1967 bis 31.01.1968

01.03.1968 bis 28.02.1969

01.01.1976 bis 31.12.1976

01.10.1977 bis 30.09.1978

Als Anrechnungszeiten sind gespeichert:

27.07.1962 bis 14.03.1963 (Fachschulausbildung)

01.11.1966 bis 31.01.1967, 01.02.1968 bis 28.02.1968, 21.10.1975 bis 31.12.1975 und 12.08.1977 bis 30.09.1977 (Schwangerschaft).

Außerdem wurden für die nicht mit anderen Versicherungszeiten belegten Zeiten vom 11.01.1967 bis zum 22.09.1987 Berücksichtigungszeiten aufgrund der Kindererziehung angerechnet.

Der Bescheid enthält einen Hinweis dahingehend, dass die Zeit der schulischen Ausbildung vom 28.07.1962 bis zum 14.03.1963 wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt werden könne, da die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden sei. Der Bescheid vom 22.03.1990 über die Feststellung dieser Zeit werde insoweit nach § 149 Abs. 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab Rentenbeginn aufgehoben.

Mit ihrem Widerspruch vom 28.06.2011 wandte sich die Klägerin zum einen gegen die fehlende Berücksichtigung der Zeit vom 28.07.1962 bis zum 14.03.1963 und die Aufhebung des Feststellungsbescheids. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie vier Kinder habe, die im Zeitraum von 20 Jahren geboren worden seien. Ihr müssten daher pro Kind zehn Jahre Kindererziehungszeiten anerkannt werden und nicht lediglich der Zeitraum vom 11.01.1967 bis 22.09.1987.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Zeit vom 28.07.1962 bis 14.03.1963 könne nicht mehr als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung berücksichtigt werden, weil sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden sei. Die frühere Regelung, wonach Ausbildungszeiten bereits ab dem 16. Lebensjahres berücksichtigungsfähig gewesen seien, sei durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung geändert worden. Die Aufhebung des früheren Feststellungsbescheides sei insoweit zulässig. Die Kinderberücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI endeten an dem Tag der Vollendung des 10. Lebensjahres des jeweiligen Kindes. Eine Verlängerung erfolge nicht.

Mit ihrer am 10.01.2012 zur Niederschrift des Sozialgerichts Augsburg erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr für die Erziehung von vier Kindern jeweils 10 Jahre rentenrechtlich anzuerkennen seien. Die Neutralisierung der Kinderberücksichtigungszeiten bei der Erziehung von mehreren Kindern empfinde sie als Ungerechtigkeit. Außerdem sei die bestehende Regelung, wonach Frauen, die vor 1992 Kinder geboren und erzogen hätten, nur maximal einen Entgeltpunkt pro Kind bei der Rentenberechnung bekommen würden, ungerecht und diskriminierend. Insoweit fordere sie wie nach der ab 1998 geltenden Rechtlage die Anerkennung der Berücksichtigungszeiten zusätzlich zu weiteren Zeiten bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Gegenstand der Klage sei auch die fehlende Berücksichtigung der schulischen Ausbildung vom 28.07.1962 bis zum 14.03.1963. Hierzu hat sie den bei der Beklagten nicht mehr vorhandenen Feststellungsbescheid vom 22.03.1990 übersandt, mit dem die Zeit der Fachschulausbildung vom 28.07.1962 bis 14.03.1963 als Ausfallzeit nach § 36 Abs. 1 AVG vorgemerkt worden ist.

Mit Schreiben vom 24.10.2012 hat sie beantragt, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung über die auf politischer Ebene angestrengte Initiative zur Anerkennung von drei Entgeltpunkten für jedes vor 1992 geborene Kind.

Die Beklagte hat eine Zweitschrift des Feststellungsbescheids vom 18.03.2005 vorgelegt, mit dem festgestellt wurde, dass die Zeit vom 28.07.1962 bis 14.03.1963 nach derzeitiger Rechtslage nicht bei de...

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