Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 307d Abs 1 SGB 6

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Regelung des § 307d Abs 1 SGB VI ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Nachdem das BVerfG bereits die vor dem 1.7.2014 geltende Rechtslage nicht beanstandet hat (vgl BVerfG vom 7.7.1992 - 1 BvL 51/86 ua = BVerfGE 87, 1 = SozR 3-5761 Allg Nr 1), muss dies erst recht für die gesetzliche Neuregelung durch § 307d Abs 1 SGB VI gelten.

 

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 9. Juni 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 in der Fassung des Bescheides vom 3. September 2014 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der von der Beklagten gewährten Altersrente.

Mit Bescheid vom 09.06.2011 erhielt die Klägerin Regelaltersrente ab 01.08.2011. Es wurde festgestellt, dass monatlich eine Rente von 170,53 € gezahlt werde. Es wurde festgestellt, dass die Zeit vom 28.07.1962 bis zum 14.03.1963 wegen einer Rechtsänderung nicht mehr berücksichtigt werden könne, da die schulische Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden sei. Der Bescheid vom 22.03.1990 über die Feststellung dieser Zeit werde insoweit nach § 149 Abs. 5 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab Rentenbeginn aufgehoben.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Sie sei mit dem Bescheid nicht einverstanden, weil die Zeit vom 28.07.1962 bis zum 14.03.1963 nicht berücksichtigt werde. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass sie vier Kinder hätte, die im Zeitraum von 20 Jahren geboren worden seien. Ihr müssen daher pro Kind zehn Jahre Kindererziehungszeiten anerkannt werden und nicht lediglich der Zeitraum vom 11.01.1967 bis 22.09.1987.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die Zeit vom 28.07.1962 bis 14.03.1963 könne nicht mehr als Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung bzw. als Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungen berücksichtigt werden, weil sie vor Vollendung des 17. Lebensjahres zurückgelegt worden seien. Die zum Zeitpunkt der damaligen Bescheiderteilung geltenden gesetzlichen Regelungen, wonach derartige Zeiten bereits ab dem Tag nach Vollendung des 16. Lebensjahres berücksichtigungsfähig seien, seien durch Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung geändert worden. Schulische Ausbildungsanrechnungszeiten könnten daher erst nach Vollendung des 17. Lebensjahres berücksichtigt werden. Die Aufhebung des bisherigen Bescheides sei insoweit zulässig, weil sich die Verhältnisse, die beim Erlass des Bescheides vorgelegen hätten, infolge einer Rechtsänderung wesentlich geändert hätten und die Änderung in den Verhältnissen zwingend mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen sei. Auch die Kinderberücksichtigungszeiten nach § 57 SGB VI seien rechtmäßig festgestellt worden. Berücksichtigungszeiten würden - anders als Kindererziehungszeiten - bereits mit dem Tag der Geburt beginnen und enden mit dem Tag der Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes. Für jedes Kind seien Berücksichtigungszeiten von maximal zehn Lebensjahren anzurechnen. Die Zeiten würden sich allerdings insoweit neutralisieren in ihrer Wirkung, soweit sie zusammentreffen. Eine Verlängerung von Berücksichtigungszeiten wie bei Kindererziehungszeiten erfolge nicht. Bei gleichzeitiger Erziehung von mehreren Kindern würden die Berücksichtigungszeiten daher spätestens mit Vollendung des 10. Lebensjahres des zuletzt geborenen Kindes enden.

Hiergegen erhob die Klägerin Klage. Die Klage wurde im Wesentlichen begründet wie der Widerspruch. Die Neutralisierung der Kinderberücksichtigungszeiten bei der Erziehung von mehreren Kindern empfinde sie als Ungerechtigkeit. Es müsse endlich eine gerechte Berechnung erfolgen. Außerdem machte die Klägerin geltend, dass die bestehende Regelung, wonach Frauen, die vor 1992 Kinder geboren und erzogen haben, nur maximal einen Entgeltpunkt pro Kind bei der Rentenberechnung bekommen würden, ungerecht und diskriminierend sei.

Mit Schreiben vom 24.10.2012 beantragte die Klägerin, den Rechtsstreit auszusetzen bis zur Entscheidung über die zurzeit auf politischer Ebene angestrengte Initiative zur Anerkennung von drei Entgeltpunkten pro geborenem Kind vor 1992. Da die Beklagte mit dem Ruhen des Verfahrens einverstanden war, wurde das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Schreiben vom 09.09.2014 beantragte die Klägerin die Wiederaufnahme des Verfahrens. Es wurde der Bescheid vom 03.09.2014 vorgelegt, in dem die Rente ab 01.07.2014 neu berechnet worden war. Die Neuberechnung erfolgt unter anderem deswegen, weil ein Zuschlag für Kindererziehung zusätzlich zu berücksichtigen sei (so genannte Mütterrente). Im Bescheid wurde darauf hingewiesen dass dieser nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des laufenden sozialgerichtlichen Verfahrens werde.

Die Beklagte machte geltend, dass dem Klagebegehren auf eine über...

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