Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Sperrzeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Vorliegen eines wichtigen Grundes
Leitsatz (amtlich)
Eintritt einer Sperrzeit bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages, mit dem das Arbeitsverhältnis zu einem früheren Zeitpunkt beendet wird, als zu dem eine ordentliche Arbeitgeberkündigung gedroht hätte.
Orientierungssatz
1. Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag kann sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund dann berufen, wenn ihm der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen Kündigung droht und ihm die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten ist (vgl. BSG, 25. April 2002, B 11 AL 65/01 R, BSG, 2. September 2004, B 7 AL 18/04 R).
2. Bei einer zeitnahen betriebsbedingten Kündigung und der Möglichkeit des Erhalts einer Abfindung bei Schluss eines Aufhebungsvertrages ist ein wichtiger Grund nicht gegeben, wenn das Arbeitsverhältnis ohne Auflösungsvertrag wenigstens drei Monate länger gedauert hätte. Bei der längeren Beschäftigungsdauer von drei Monaten, handelt es sich nicht um einen völlig unerheblichen Zeitraum, so dass unter Berücksichtigung der Interessen der Versichertengemeinschaft dem Arbeitnehmer das Abwarten der Kündigung zuzumuten gewesen wäre, auch wenn er dann möglicherweise keine Abfindung erhalten hätte.
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 11.12.2015 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Eintritt einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und die Minderungsdauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) um 1/4 von 540 Tage auf 405 Tage.
Der am 1960 geborene Kläger war seit dem 01.10.2001 bei der S. (S.) beschäftigt. Diese wurde in die zum 01.07.2012 gegründete G. (G.) überführt. Der Kläger war nach eigenen Angaben als Abteilungsleiter im Bereich Personal beschäftigt. Nach dem Tarifvertrag galt eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartal. Mit Aufhebungsvertrag vom 24.02.2015 wurde das Arbeitsverhältnis "zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung" zum 30.06.2015 einvernehmlich aufgelöst und eine Abfindung iHv 77.000 € "entsprechend §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)" vereinbart.
Am 07.04.2015 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Bei der G. sei Anfang 2014 eine Organisationsuntersuchung durch eine Unternehmensberatung durchgeführt worden. Im Januar 2015 sei ihm vom Vorstandsvorsitzenden das Ergebnis der weiteren Untersuchung und seine Bewertung vorgestellt worden. Man habe ihm mitgeteilt, es gebe zukünftig bei der G. keine Stelle "Abteilungsleiter Personal" mehr. Ihm sei ein Auflösungsvertrag zur Vermeidung einer im Ablehnungsfall zeitnah ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung oder eine Stelle als Personalsachbearbeiter mit einer Reduzierung seiner Einkünfte angeboten worden. Im Hinblick auf die zukünftige geringere Vergütung habe er sich für den Auflösungsvertrag entschlossen.
Mit Bescheid vom 06.07.2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.07.2015 bis 22.09.2015 fest. Der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis bei der G. durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst gelöst. Unerheblich sei dabei, von wem die Initiative ausgegangen sei. Er hätte voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Ein wichtiger Grund im Sinne der Sperrzeitregelungen liege nicht vor. Es fehle eine Bestätigung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis gekündigt worden wäre. Der Anspruch auf Alg mindere sich um 135 Tage, ein Viertel der Anspruchsdauer. Mit Bescheiden vom 06.07.2015 und 22.07.2015 stellte die Beklagte darüber hinaus das Ruhen des Alg-Anspruchs wegen einer Entlassungsentschädigung für die Zeit vom 01.07.2015 bis 30.09.2015 bzw. wegen Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 01.07.2015 bis 27.07.2015 fest und bewilligte mit Bescheid vom 17.07.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.07.2015 Alg in Höhe von 69,45 € täglich für die Zeit vom 01.10.2015 bis 15.11.2016.
Mit seinem Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid brachte der Kläger vor, es sei eine Stelleneinsparung und eine betriebsbedingte Kündigung beabsichtigt gewesen, weshalb er den Aufhebungsvertrag geschlossen habe. Er sei nicht nur Büro- und Sekretariatskraft gewesen. Auf Anfrage der Beklagten teilte die G. mit, der Kläger wäre betriebsbedingt unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zum 30.09.2015 gekündigt worden. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.09.2015 zurück. Es liege kein wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe vor. Zwar wäre auch bei Nichtzustandekommen des Aufhebungsvertrages das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt beendet worden, jedoch erst mit Wirkung zum 30.09.2015. Damit habe eine betriebsbedingte Kündigung nicht zum selben Zeitpunkt gedroht, zu dem das Arbeitsverhältnis mit dem Aufhebungsvertrag beendet worden sei. Eine Verkürzung der Sperrzeit komme ...