Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsanspruch für intensivmedizinische Komplexbehandlung. Unterscheidung zwischen "Intensivstation" und "Intermediate-Care-Station" (IMC-Station). fließender Übergang. Abstellen auf die organisatorische, apparative und personelle Struktur im konkreten Einzelfall
Leitsatz (amtlich)
1. Bei den in den OPS verwendeten Begriffen "Intensivstation" sowie "Intermediate-Care-Station" (IMC-Station) handelt es sich nicht um genau definierte Begriffe, sondern um lediglich nicht-technische Begriffe.
2. Auch aus der Definition der IMC-Station durch die Deutsche interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ergibt sich, dass die Übergänge zwischen der IMC- und der Intensivstation fließend sind.
3. Für die Abrechnung der intensivmedizinischen Komplexbehandlung im Sinne des OPS-Kodes 8-980 ist auf den konkreten Einzelfall, insbesondere die organisatorische, apparative und personelle Struktur der jeweiligen IMC-Station, abzustellen.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 27. April 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 38.790,11 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung des bei der Beklagten versicherten C. (D.), geb. 1935, in der Zeit vom 02.09.2011 bis 14.12.2011 im von der Klägerin betriebenen Krankenhaus.
Die Klägerin stellte für den stationären Aufenthalt mit Schreiben vom 22.12.2011 der Beklagten nach Abzug der gesetzlichen Zuzahlung in Höhe von 280,- Euro einen Betrag in Höhe von 70.206,50 Euro in Rechnung (DRG I26Z - Intensivmedizinische Komplexbehandlung ≫ 552 Aufwandspunkte oder hochaufwändiges Implantat bei hochkomplexer Gewebe-/Hauttransplantation). Die Beklagte wies die Klägerin mit Schreiben vom 10.01.2012 darauf hin, dass eine Überprüfung durch den Sozialmedizinischen Dienst (SMD) in Auftrag gegeben worden sei. Es werde daher um Übersendung der vom SMD angegebenen Unterlagen gebeten. Der SMD forderte von der Klägerin den Entlassungsbericht mit datumsbezogenen Angaben über Therapie und Verlauf, den OP-Bericht / histologischen Befund und das Intensivprotokoll incl. SAPS- und TISS-Aufwandspunkten an.
Mit Schreiben vom 08.03.2012 teilte die Beklagte der Klägerin mit, da von der Klägerin die angeforderten Unterlagen nicht übersandt worden seien, werde davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht gegeben seien. Der Behandlungsfall werde mit der DRG I09A vergütet. Von der Beklagten wurde am 08.03.2012 ein Betrag in Höhe von 31.416,39 Euro zur Zahlung angewiesen (vgl. Schreiben der Beklagten vom 23.01.2013).
Mit Schreiben vom 05.07.2012 und 13.08.2012 erbat die Beklagte für die abschließende sozialmedizinische Stellungnahme von der Klinik die tages- und inhaltsbezogene Aufstellung der SAPS- und TISS-Aufwandspunkte und den Kurvenplan/die Fieberkurve sowie die Arztverlaufsdokumentation für die Zeit vom 08.12.2011 bis 14.12.2011.
In seiner Stellungnahme vom 10.01.2013 führte der SMD aus, die stationäre Aufnahme sei wegen rezidivierender Lumboischialgie erfolgt; nach erfolgloser konservativer Behandlung sei eine Dekompression des Spinalkanals durchgeführt worden. Im Verlauf sei ein Tumor des Kolons diagnostiziert worden, es sei eine Hemikolektomie ohne histologischen Malignitätsnachweis durchgeführt worden. Am 21.11.2011 sei ein erneuter Wirbelsäuleneingriff erfolgt. Wegen Kammerflimmern mit Reanimation sei ab 24.11.2011 eine intensivmedizinische Behandlung erfolgt. Bei Ileus sei am 25.11.2011 erneut operiert worden. Nach Stabilisierung und Extubation sei eine Weiterbehandlung auf der Intermediate Care-Station (IMC-Station) vom 07.12.2011 bis 14.12.2011 bis zur Weiterverlegung in die Rehabilitation erfolgt. Die Auswertung der übersandten TISS- und SAPS-Aufwandspunkte zeige eine Summe von 697 Punkten. Dabei sei der Aufenthalt auf der IMC-Station mitgerechnet. Die personellen und strukturellen Voraussetzungen erfüllten jedoch nicht die Voraussetzungen einer Intensivstation, wie diese im OPS 8-980 gefordert seien. Das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) weise zum OPS 9-200 darauf hin, auf einer IMC-Station seien Leistungen für hochaufwendige Pflegemaßnahmen zu kodieren. Im Umkehrschluss sei festzustellen, dass das DIMDI davon ausgehe, eine IMC sei nicht einer Intensivstation gleichzustellen. Bei Wegfall der ermittelten Aufwandspunkte für die Zeit vom 08.12.2011 bis 14.12.2011 ergebe sich eine Summe von unter 553 Aufwandspunkten und damit die DRG I09A. Bei einem Widerspruch der Klinik müsse von der Verwaltungsseite der Krankenkasse geklärt werden, inwieweit eine IMC-Station einer Intensivstation entsprechend den Vorgaben des OPS-Klassifizierungssystems gleichzusetzen sei.
Der Oberarzt der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Internistische Intensi...