Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung von Arbeitslosenhilfe. Prüfungspflicht des Vollstreckungsgerichtes. Abtretung. Ermittlung des pfändbaren Betrages durch Sozialleistungsträger. Berechnung der Pfändungsgrenze
Leitsatz (amtlich)
1. Ansprüche auf laufende Geldleistungen, zu denen auch die Leistung der Arbeitslosenhilfe gehört, können nach § 54 Abs 4 SGB 1 wie Arbeitseinkommen gepfändet werden. Wirksamkeit, Inhalt und Umfang der Pfändung wegen zivilrechtlicher Forderungen richten sich nach den §§ 828ff ZPO, soweit die Pfändung zugelassen ist. Danach ist es Sache des Vollstreckungsgerichts (Amtsgericht), bei Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Pfändungsvoraussetzungen des § 54 SGB 1 zu prüfen (vgl BSG vom 12.6.1992 - 11 RAr 139/90 = SozR 3-1200 § 54 Nr 1).
2. Nach § 53 Abs 3 SGB 1 können Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt sind, ua nur übertragen (§ 398 BGB analog) werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen, dh, der Anspruch kann nur in der Höhe des jeweils pfändbaren Betrages wirksam abgetreten werden. Darüber hinausgehende Abtretungen sind unwirksam. Es obliegt insoweit dem jeweiligen Sozialleistungsträger, als Schuldner des Geldleistungsanspruchs, in der über § 53 Abs 3 SGB 1 gebotenen analogen Anwendung des § 850c Abs 1 bis 3 ZPO, der in unmittelbarer Anwendung die Pfändbarkeit von Arbeitseinkommen regelt, in Ausfüllung der - zulässigen - Blankettabtretung des Sozialleistungsanspruchs den jeweils pfändbaren Betrag zu ermitteln (vgl BSG vom 30.4.1986 - 2 RU 15/85 = BSGE 60, 87, 91f = SozR 1200 § 53 Nr 6).
3. § 53 Abs 3 SGB 1 bezieht sich mit der von ihm vorgeschriebenen analogen Anwendung des § 850c ZPO insoweit auch auf die zivilprozessrechtliche Verfahrensgestaltung; denn bei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen darf der Drittschuldner, dem bekannt ist, dass der Schuldner verheiratet ist (oder minderjährige Kinder zu unterhalten hat), bei der Berechnung des pfändbaren Teils der Forderung aus Gründen der Rechtsklarheit und Praktikabilität von abstrakten Unterhaltspflichten ausgehen, eine entsprechende Zahl unterhaltsberechtigter Personen berücksichtigen, ohne dass er Nachforschungen über konkret bestehende Unterhaltspflichten anstellen muss (vgl BAG vom 26.11.1986 - 4 AZR 786/85 = BAGE 53, 359, 366 = AP Nr 8 zu § 850c ZPO und vom 23.2.1983 - 4 AZR 508/81 = BAGE 42, 54, 59 = AP Nr 4 zu § 850c ZPO).
Tenor
I. Die Berufung gegen die Urteile des Sozialgerichts Augsburg vom 13. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte von der Arbeitslosengeldnachzahlung des Klägers in Höhe von 18.061,83 € wegen eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts D. vom 07. August 1997 und den Änderungsbeschlüsse vom 7. Dezember 1998, 22. Dezember 1999 und 25.07.2003 zu Recht an die geschiedene Ehefrau und den Sohn des Klägers einen Teilbetrag in Höhe von 8465,74 € ausgezahlt hat. Zudem ist streitig die Höhe des angesetzten Bemessungsentgelts.
Das Bayer. Landessozialgericht sprach dem Kläger mit Urteil vom 04.04.2003 (L 8 AL 362/01) eine Nachzahlung an Arbeitslosenhilfe in Höhe von 18.061,83 EUR zu. Weder aus gesundheitlichen Gründen noch aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Klägers zu einer Geldstrafe von weniger als 90 Tagessätzen, die nicht zu einer Eintragung nach in das Führungszeugnis führte, sei eine Herbsetzung des maßgeblichen Bemessungsentgelts von 1.930,00 DM auf ein Bemessungsentgelt von 870,00 DM nicht gerechtfertigt.
Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts D. vom 07.08.97 war wegen Ansprüchen des Sohnes und der inzwischen geschiedenen Ehefrau des Klägers dessen Anspruch auf Zahlung der derzeitig und zukünftig nach dem Sozialgesetzbuch zustehenden Geldleistungen auf Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe solange gepfändet, bis der Gläubigeranspruch gedeckt ist. Grundlage war das vollstreckbare Urteil des Oberlandesgerichts S. vom 24. April 1996 (15 UF 432/91) und ein vor dem Oberlandesgericht S. am 28. Februar 1996 abgeschlossener Vergleich (15 UF 229/95).
Mit Änderungsbeschluss vom 7. Dezember 1998 wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 7.August 1997 abgeändert, dass dem Schuldner bis zur Deckung der Gläubigeransprüche von dem errechneten Nettoeinkommen anstelle der 1100 DM und ein Drittel vom Mehrbetrag nunmehr monatlich 1325 DM und ein Drittel vom Mehrbetrag bei Auszahlungen verbleiben. Im Änderungsbeschluss vom 22. Dezember 1999 wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 07.08.97 abgeändert, dass der Freibetrag um weitere 50 DM erhöht wurde und im Änderungsbeschluss vom 17. Januar 2002 wurde infolge der Erhöhung der Pfandfreigrenzen durch den Gesetzgeber zum 1. Januar 2002 der Beschluss vom 07.08.97 geändert, dass dem Kläger pfandfrei zu belassen waren: 730 € monatlich zu...