Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflegegeld. Pflegestufe I. Begutachtungs-Richtlinien. Grundpflege. Kind. Neufeststellung. Wesentliche Änderung. Anfechtungsklage

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Bemessung des Zeitaufwands nach § 15 Abs. 3 SGB XI bleiben Zeiten für Inhalation und Physiotherapie sowie die allgemeine Aufsicht, bei der die Pflegeperson einer eigenen Tätigkeit nachkommen kann, außer Betracht.

 

Normenkette

SGB XI § 14 Abs. 4, § 15 Abs. 2, 3 Nr. 2, § 37 Abs. 1; SGB X § 48; SGG § 54 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 31. Januar 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist - auf Grund der zuletzt gestellten Anträge nur noch - die Gewährung von Pflegegeld aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. März 2006.

Der 1998 geborene Kläger, der von seinen Eltern gesetzlich vertreten wird, leidet seit Geburt an Mukoviszidose. Auf den Antrag vom 5. August 1998 gewährte die Beklagte, bei der der Kläger bis 31. März 2006 familienversichert war, Leistungen der Pflegestufe I. Dem lag ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 4. Dezember 1998 zugrunde. Den Mehrbedarf im Bereich der Grundpflege gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind schätzte der MDK auf 100 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung auf 60 Minuten ein.

Am 22. Februar 2001 stellten die Eltern einen Verschlimmerungsantrag. Der MDK gelangte in einem Gutachten vom 20. Juni 2001 nach Hausbesuch vom 29. Mai 2001 zu dem Ergebnis, dass keine Pflegestufe mehr vorliege. Der Zeitbedarf in der Grundpflege betrage 165 Minuten (Körperpflege: 70 Minuten; Ernährung: 40 Minuten; Mobilität: 55 Minuten), im Bereich der Hauswirtschaft 30 Minuten. Der Mehrbedarf sei jedoch für die Grundpflege nur mit 15 Minuten anzusetzen. Bei einem gesunden gleichaltrigen Kind sei Versorgung im Umfang von 150 Minuten erforderlich. Der Kläger habe sich körperlich gut entwickelt; es bestünden motorisch keine Einschränkungen. Therapiemaßnahmen wie Inhalieren und Abklopfen könnten nicht zur Grundpflege gerechnet werden. Dasselbe gelte für Zeiten der allgemeinen Betreuung.

Im Rahmen der Anhörung holte die Beklagte eine erneute Stellungnahme des MDK vom 18. Januar 2002 nach Hausbesuch vom 2. Januar 2002 ein. Der Mehrbedarf für Grundpflege (170 Minuten abzüglich 150 Minuten) betrage 20 Minuten und 45 Minuten für hauswirtschaftliche Versorgung.

Mit Bescheid vom 22. Januar 2002 stellte die Beklagte die Zahlung des Pflegegeldes mit Ablauf des Monats Januar 2002 ein. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2002 zurück.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Klage zum Sozialgericht Würzburg und begehrte Leistungen der Pflegestufe II ab dem Höherstufungsantrag vom 22. Januar 2001. Das Sozialgericht zog aktuelle Befundberichte, einen Bericht des Kindergartens sowie ein Pflegeprotokoll der Eltern für die Zeit vom 25. bis 26. August 2003 bei und beauftragte den Arbeitsmediziner Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens. Er berichtete in dem Gutachten vom 14. Juni 2004 nach Hausbesuch, der Kläger befinde sich aufgrund der regelmäßigen Behandlungspflege in einem erfreulichen Allgemeinzustand. Der Hilfebedarf betrage für Grundpflege 134 Minuten (Körperpflege: 68 Minuten; Ernährung: 36 Minuten; Mobilität: 30 Minuten); der Mehrbedarf gegenüber einem gleichaltrigen gesunden Kind betrage 14 Minuten für den fünfjährigen und 29 Minuten für den sechsjährigen Kläger. Der Zeitbedarf für die hauswirtschaftliche Versorgung betrage 45 Minuten. Es bestehe ein verstärkter Versorgungsaufwand insbesondere beim Einkaufen und Kochen diätischer Kost. Ferner sei von einem zusätzlichen Reinigungsbedarf der Wohnung auszugehen. Zu den Einwendungen des Klägers nahm der Sachverständige am 12. August 2004 Stellung.

Das Sozialgericht vertagte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2004, führte weitere Ermittlungen durch und holte ein Gutachten des Internisten Dr. D. vom 9. Oktober 2005 nach Hausbesuch ein. Er bewertete den Zeitbedarf für Grundpflege mit 64 Minuten (Körperpflege: 38 Minuten; Ernährung: 13 Minuten; Mobilität: 13 Minuten), den krankheitsbedingten Mehrbedarf mit 15 Minuten. Für die hauswirtschaftliche Versorgung seien 30 Minuten anzusetzen; der Kläger werde anteilig im Rahmen eines 5-Personen-Haushalts versorgt. Ein Mehraufwand infolge der Mukoviszidoseerkrankung bestehe nicht. Ergänzend führte der Gutachter am 26. November 2005 aus, der Mehrbedarf erhöhe sich im Bereich der Mobilität um fünf Minuten, wenn man von der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel für die Wegstrecke zur krankengymnastischen Praxis auszugehen habe.

Der auf klägerischen Antrag nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehörte Arzt für Innere Medizin Dr. L. gelangte in seinem Gutachten vom 25. August 2006 nach Hausbesuch zu einem krankheitsbedingten Mehrbedarf von ...

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