Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht als Selbständiger. Tätigkeit nur für einen Auftraggeber. Wesentlichkeitsmerkmal. Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte
Leitsatz (amtlich)
Zur Versicherungspflicht eines selbständig tätigen EDV-Beraters.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 24.03.2006 aufgehoben.
II. Die Klage gegen den Bescheid vom 17.03.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.08.2005 wird abgewiesen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 S. 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab 01.01.2002.
Der 1966 geborene Kläger machte sich nach längerer Tätigkeit als Angestellter im IT-Bereich zum 01.01.2002 als EDV-Berater (Consulting-Leistungen und Systemsoftware-Erstellung im Oracle/SAP- R /3 Umfeld auf Unix-Großrechnern) selbständig. Zuvor hatte er im November 2001 mit der Fa. m. AG (im Folgenden: m.) einen unbefristeten Rahmenvertrag über Beraterdienstleistungen und Projektrealisierungen abgeschlossen. Darin verpflichtete sich die Fa. m., dem Kläger nach freiem Ermessen Projekteinzelverträge über entsprechende Dienstleistungen anzubieten, die er in ihrem Namen für Endkunden erbringen sollte. Auf Grund des Rahmenvertrags selbst bestand für den Kläger noch kein Anspruch auf Abschluss solcher Einzelverträge, ebenso bestand für ihn aber auch keine Pflicht zur Annahme der angebotenen Projekte.
In der Folgezeit bis Ende 2004 schloss der Kläger auf Grund des Rahmenvertrags mit der Fa. m. etwa 13 Einzelverträge für die Dauer von jeweils mehreren Monaten über Beratungen und Ausarbeitungen für Endkunden. Das Auftragsvolumen betrug nach seinen Angaben im Jahr 2002 insgesamt 125.146,25 Euro, im Jahr 2003 124.040,00 Euro und im Jahr 2004 146.640,00 Euro. Im Jahr 2003 kam es daneben zu einem Vertragsschluss mit der Fa. O. über ein kleineres Projekt mit einem Auftragsvolumen von 920,- Euro. Im März 2004 schloss der Kläger weiter einen unbefristeten Rahmenvertrag mit der Firma S. Software und Consulting GmbH (im Folgenden: S. GmbH) über Beraterdienstleistungen, der zum Abschluss eines Einzel-Projektvertrages mit dieser Firma für die Zeit vom 22.03. bis 30.04.2004 mit einem Auftragsvolumen von 4.825,- Euro führte.
Die Tätigkeit des Klägers für die Fa. m. endete zum 31.12.2004. Für das Jahr 2005 schloss der Kläger einen Einzelprojektvertrag mit der Fa. r. (Auftragsvolumen 121.714,- Euro) ab. Daneben kam es in diesem Jahr zu einem erneuten Tätigwerden für die Fa. O. auf Grund eines Projektvertrages mit einem Auftragsvolumen von 4.890,- Euro.
Auf Betreiben der Fa. m. hatte sich der Kläger im November 2004 mit einem Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status bzw. von Versicherungspflicht für Selbständige an die Beklagte gewandt, diesen Antrag nach Beendigung der Zusammenarbeit mit der Fa. m. jedoch wieder zurückgenommen. Im Formblattantrag hatte er auf die Frage nach seinen Auftraggebern angegeben, "M.AG, S. GmbH, O.; weitere Auftraggeber werden gesucht".
Die Beklagte, die ihre Clearingstelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen eingeschaltet hatte (Ergebnis: kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zur Fa. m. nach § 7 Abs.1 SGB IV), stellte ihrerseits mit streitgegenständlichem Bescheid vom 17.03.2005 die Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 Abs.1 Nr.9 SGB VI ab 01.01.2002 fest. Sie forderte für die Zeit vom 01.01.2002 bis 31.03.2005 als Monatsbeitrag den halben Regelbeitrag für Selbständige in Höhe von 223,95 Euro (2002), 232,05 Euro (2003) bzw. 235,46 Euro (2004 und 2005), insgesamt 9003,90 Euro.
Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid wandte der Kläger ein, er unterliege nicht der Versicherungspflicht nach § 2 S. 1 Nr.9 SGB VI. Bei der Beurteilung der Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift seien, wie sich aus der Begründung des zugrunde liegenden Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit (GFS) vom 12.11.1999 (BT-Drucks 14/1855 vom 26.10.1999) ergebe, neben zeitlichen und wirtschaftlichen Kriterien auch das Unternehmenskonzept des Selbständigen (Zusammenarbeit mit einem oder mit mehreren Auftraggebern) sowie branchenspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. Im IT-Bereich seien Rahmenverträge üblich, die als solche noch keine Verpflichtungen für die Vertragspartner enthielten, aber zum Abschluss von dann maßgeblichen Einzelverträgen mit jeweils mehrmonatiger Dauer führen könnten. Bei solchen auf Grund der Einzelverträge von vornherein begrenzten lediglich vorübergehenden Tätigkeiten für einen Auftraggeber liege nach einer Stellungnahme des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) im Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 regelmäßig keine Tätigkeit für nur einen Auftraggeber vor, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liege, im Einzel...