Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 24. März 2006 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005.

Der 1988 geborene Kläger, der bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres von seinen Eltern gesetzlich vertreten wurde, leidet an einem hyperkinetischen Syndrom und nächtlichem Einnässen (Enuresis nocturna). Er bezog von der AOK für das Land Brandenburg Leistungen nach der Pflegestufe I. Vom 1. Februar 2002 bis 31. August 2005 war er über seine Mutter bei der Beklagten versichert, die ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 12. Juni 2002 nach Hausbesuch einholte. Danach besteht ein Zeitbedarf für den Bereich der Grundpflege in Höhe von acht Minuten pro Tag (Körperpflege 7 Minuten, Ernährung 0 Minuten, Mobilität 1 Minute), für hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten pro Tag. Der Kläger führe die gesamte Grundpflege selbst durch. Die geltend gemachte Beaufsichtigung, Gespräche und psychologische Betreuung seien nicht berücksichtigungsfähig. Bedingt durch die altersentsprechende Entwicklung und die zunehmende Selbstständigkeit habe sich der Hilfebedarf weiter verringert.

Mit Bescheid vom 17. Juni 2002 lehnte die Beklagte Leistungen der häuslichen Pflege ab. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens holte sie eine erneute Stellungnahme des MDK nach Aktenlage vom 12. August 2002 ein. Zwar falle ein weitaus höherer Beaufsichtigungs- und Betreuungsaufwand an, es seien jedoch keine alltagsrelevanten psychischen oder körperlichen Defizite festgestellt worden. Der hauptsächliche Pflege- und Betreuungsaufwand im Rahmen der psychologischen Betreuung könne bei der Beurteilung von Pflegebedürftigkeit nicht berücksichtigt werden. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 zurück.

Mit der hiergegen gerichteten Klage zum Sozialgericht Landshut begehrte der Kläger Pflegeleistungen mindestens nach der Pflegestufe I. Das Sozialgericht holte aktuelle Befundberichte ein und zog die Akte des Amtes für Versorgung und Familienförderung L. sowie des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) bei. Es wies die Klage mit Urteil vom 24. März 2006 ab. Wie sich aus den Gutachten des MDK ergebe, erfülle der Kläger die Voraussetzungen mindestens der Pflegestufe I nicht. Ferner bestehe keine Bindung der Beklagten an die Entscheidungen der AOK für das Land Brandenburg. Schließlich sei nicht zu berücksichtigen, dass die Pflegeperson weitere Kinder zu pflegen habe.

Mit der Berufung hat der Kläger geltend gemacht, das Sozialgericht hätte die Akten der AOK für das Land Brandenburg, des Amtes für Soziales und Versorgung F. , des Sozialgerichts Frankfurt/Oder sowie ein Gutachten des MDK für das Land Brandenburg beiziehen müssen. Der Zeitaufwand der Mutter des Klägers betrage mindestens 90 Minuten pro Tag, davon mehr als 45 Minuten für die Grundpflege des Klägers. Dieser sei wegen seiner körperlichen, geistigen und seelischen Erkrankung auf erhebliche Hilfe angewiesen. Für eine sachgerechte Begutachtung müsse eine Woche lang eine entsprechende Begleitung stattfinden. Der Kläger hat einen ärztlichen Bericht der Dres. S./B./S. sowie des Nervenarztes Dr. S. übersandt.

Der Senat hat ein Gutachten der Dr. S. vom 20. September 2007 eingeholt, der u.a. diverse Fremdbefunde sowie ein Pflegetagebuch der Mutter aus den Jahren 2002 und 2004 vorgelegen haben. Die Sachverständige hat nach Hausgesuch vom 31. Juli 2007 vor allem ein hyperkinetisches Syndrom, eine hyperaktive Verhaltensstörung bei Grenzbegabung, Lernstörung mit Verbalisationsstörung, Anpassungsstörung mit dysphorisch depressivem Syndrom, ein autistisches Verhalten mit psychotischen Episoden besonders unter Alkoholeinfluss, Bettnässen bei psychoemotionaler Retardierung und einen Verdacht auf Fettstoffwechselstörung diagnostiziert. Ab Februar 2002 seien nur noch eine gewisse strukturierende Hilfestellung und Motivation erforderlich, die jedoch in der Summe nicht erheblich gewesen seien und in der Ist-Situation bis auf die Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht mehr bestünden. Gegenwärtig bestehe somit kein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege. Davor habe er maximal 20 Minuten betragen (Körperpflege: 12 Minuten; Ernährung: 0 Minuten; Mobilität: 8 Minuten). Inzwischen habe der Kläger auch hinsichtlich der Pflege Einsicht und Selbstständigkeit gewinnen können. Der Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung habe zunächst 45 Minuten, seit 2005 nur mehr 30 Minuten betragen.

Der Kläger hat hiergegen eingewandt, es würde tatsächlich viel mehr Zeit für die Grundpflege benötigt als bei einem normalen Jugendlichen. Er hat auf das Pflegetagebuch 2002/2004 verwiesen. Hieraus ergebe sich für den Bereich Körperpflege ein wesentlich größerer Aufwand, ebenso für das Aufstehen/Z...

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