Leitsatz (amtlich)
Die Festsetzung des aktuellen Rentenwerts zum 1. Juli 2010 durch § 1 Abs. 1 der Rentenwertbestimmungsverordnung 2010 entspricht dem einfachen Recht und verletzt auch kein Verfassungsrecht (Anschluss an LSG Baden Württemberg vom 15. November 2011, Az.: L 11 R 267/11).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Rentenanpassung für das Jahr 2010.
Die Beklagte gewährte dem im Februar 1931 geborenen Kläger mit Bescheid vom 12.12.1994 ab 1. Januar 1995 Altersrente für langjährige Versicherte mit einem anfänglichen monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 3.577,10 DM.
Der Kläger beschritt bereits einmal erfolglos den Rechtsweg gegen die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004.
Am 26.07.2010 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Mitteilung über die Nichtanpassung der Renten zum 01.07.2010, wonach der Rentenwert (West) für die Zeit ab 01.07.2010 weiterhin 27,20 EUR betrage und sein Rentenbetrag unverändert bleibe. Der Kläger forderte die Anhebung um mindestens 1,2 %. Die Nichtanpassung der Renten verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes und gegen die allgemeinen Menschenrechte, weil ehemalige Beamte in diesem Jahr eine Erhöhung ihrer Pension um durchschnittlich 1,2 % erhielten. Die Unterschiede in den Altersvorsorgesystemen beruhten ausschließlich auf zwei willkürlichen politischen Entscheidungen nach 1945 (Beibehaltung alter Strukturen aus den Zeiten des Feudalstaats des 19. Jahrhunderts und Umstellung der gesetzlichen Rentenversicherung von der Kapitaldeckung auf das Umlageverfahren). Diejenigen, die über das Rentenrecht beschließen, es umsetzen und über es Recht sprechen würden, hätten für sich selbst wesentlich bessere Regelungen zur Altersversorgung geschaffen. Leistungen, die für Rentner und für Pensionäre gezahlt würden, müssten von derselben erwerbstätigen Bevölkerung erwirtschaftet werden, wobei für Pensionen alle Erwerbstätigen aufkommen müssten, für Renten dagegen nur die Arbeitnehmer. Deshalb müsse seine Altersrente rückwirkend zum 1. Juli 2010 um mindestens 1,2 % angehoben werden.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2010 zurückgewiesen. In der Rentenwertbestimmungsverordnung 2010 (BGBl I, S. 816) sei der aktuelle Rentenwert zum 1. Juli 2010 neu bestimmt worden. Im Ergebnis verbleibe es bei dem Betrag des aktuellen Rentenwerts in Höhe von 27,20 Euro in den alten Bundesländern. Bei der Bestimmung des aktuellen Rentenwerts sei die Veränderung der Bruttolöhne und Bruttogehälter der Arbeitnehmer im Jahr 2009 gegenüber dem Jahr 2008 (-0,96 in den alten Bundesländern), die Veränderung bei den Aufwendungen für die geförderte private Altersvorsorge im selben Zeitraum (0,5 %) und der Nachhaltigkeitsfaktor in Höhe von 0,9949 berücksichtigt worden. Auf der Grundlage dieser Faktoren hätte sich zum 1. Juli 2010 der bisherige aktuelle Rentenwert (West) von 27,20 Euro auf 26,63 Euro vermindert. Da eine Minderung durch die Anwendung der Rentenanpassungsformel ausgeschlossen sei, verbleibe es bei dem bisherigen Betrag in Höhe von 27,20 Euro in den alten Bundesländern.
Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids zum 1. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. September 2010 zu verpflichten, seine Rente rückwirkend zum 1. Juli 2010 um wenigstens 1,2 % anzuheben, hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob durch die erneute Nullanpassung der Renten rechtsstaatliche Grundsätze verletzt werden und damit Verstöße u.a. gegen Art. 3, 14, 19 Abs. 1, 2 und 20 Grundgesetz (GG) vorliegen, oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Frage vorzulegen, ob das deutsche Rentenrecht gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstößt, insbesondere gegen Art. 17 und Art. 20.
Es sei unstrittig, dass die Beklagte nach den vorgegebenen Gesetzen gehandelt habe. Es liege aber ein Verstoß gegen Artikel 3 und 14 GG vor, da die Rentenanpassung unterhalb der Inflationsrate liege, obwohl die Lohn- und Gehaltsentwicklung der aktiven Versicherten wenigstens eine Anpassung nach Inflationsrate zulasse. Insoweit wirke die existenz-sichernde Funktion des individualgrundrechtlichen Renteneigentums. Auch werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt, weil Pensionäre eine angemessene Erhöhung ihrer Bezüge um durchschnittlich 1,2 % erhalten hätten, Rentner hingegen eine weitere Nullrunde hinnehmen müssten. Die Aufteilung der Bevölkerung auf verschiedene Altersvorsorgesysteme gehe auf vordemokratische Zeiten zurück. Seit 1981 habe das Bundesverfassungsgericht keine Verfassungsbeschwerde zum Thema Rentenhöhe zur Entscheidung angenommen, hingegen mindestens fünf Vorlagen bzw. Beschwerden zum Thema Beamten- und Richter...