Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdrentenrecht. Übergangsregelung. Kürzung der Entgeltpunkte aus fremdrechtlichen Beitrags- und Beschäftigungszeiten. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art 6 § 4c FANG idF des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz (juris: RVAltGrAnpG) vom 20.4.2007 (BGBl I 2007, 554) setzt die Vorgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13.6.2006 - 1 BvL 9/00 ua = BVerfGE 116, 96 = SozR 4-5050 § 22 Nr 5 - hinreichend um.

2. Es verstößt nicht gegen die Verfassung, wenn Versicherte aufgrund der Kürzung nach § 22 Abs 4 FRG idF des Gesetzes zur Umsetzung des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung in den Bereichen der Rentenversicherung und Arbeitsförderung (Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz - WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1996, 1461) eine Kürzung der Entgeltpunkte aus fremdrentenrechtlichen Beitrags- und Beschäftigungszeiten um 40 vH hinnehmen müssen, obwohl sie von der Kürzung um 30 vH durch das Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung (Renten-Überleitungsgesetz - RÜG) vom 25.7.1991 (BGBl I 1991, 1606) kraft Übergangsrecht verschont geblieben waren.

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28. Februar 2002 im Umfang des Teilanerkenntnisses der Beklagten vom 10. Juni 2009 abgeändert und die Beklagte in diesem Umfang zu höherer Rentengewährung verurteilt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen in der von ihr anerkannten Höhe.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Das Berufungsverfahren betrifft die Höhe einer Regelaltersrente nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Parteien streiten, ob die Entgeltpunkte, die sich aus fremdrentenrechtlichen Zeiten ergeben, mit dem Faktor 0,6 multipliziert werden dürfen.

1976 siedelte der in Rumänien geborene 75-jährige Kläger in die Bundesrepublik Deutschland über. Er arbeitete in Rumänien zuletzt als Gymnasiallehrer. Er ist Inhaber eines Vertriebenenausweises A und deutscher Staatsangehöriger.

Auf Rentenantrag vom 10.02.1999 erkannte die Beklagte mit Rentenbescheid vom 07.06.1999 eine Regelaltersrente ab 01.07.1999 zu; die monatliche Rentenhöhe betrug nach diesem Bescheid 2.156,61 DM. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 22.06.1999 Widerspruch ein; diesen begründete er damit, es sei verfassungswidrig, dass die Entgeltpunkte, die auf nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannte Beitrags- und Beschäftigungszeiten fallen würden, in Folge von § 22 Abs. 4 FRG in der Fassung des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (FRG 1996) um 40 v.H. gekürzt worden seien. Mit Rentenbescheid vom 27.10.1999 stellte die Beklagte die Regelaltersrente neu fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2000 wies sie sodann den Widerspruch als unbegründet zurück, wobei sie den Rentenbescheid vom 27.10.1999 in das Widerspruchsverfahren einbezogen hatte.

Mit Schriftsatz vom 02.03.2000 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Augsburg mit dem Ziel, von der 40-prozentigen Kürzung der nach dem FRG ermittelten Entgeltpunkte verschont zu bleiben. Das Sozialgericht wies die Klage ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Urteil vom 28.02.2002 ab; es hielt die 40-prozentige Kürzung nach § 22 Abs. 4 FRG 1996 für verfassungsmäßig.

Mit der mit Schriftsatz vom 13.03.2002 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren, von der Begrenzung des § 22 Abs. 4 FRG 1996 verschont zu bleiben, weiter. Er hält diese Kürzung nach wie vor für verfassungswidrig. Im Hinblick auf die seinerzeit noch beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Normenkontrollanträge 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00 und 1 BvL 5/01 hat der Senat mit Beschluss vom 11.03.2003 das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 114 Abs. 2 SGG ausgesetzt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht am 13.06.2006 darüber entschieden hatte (BVerfGE 116, 96), ist das Verfahren auf Antrag des Klägers vom 31.03.2009 wiederaufgenommen worden. Dieser hat moniert, die Beklagte habe noch immer keine Neufeststellung unter Berücksichtigung der neuen Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG getroffen. Mit Schriftsatz vom 22.05.2009 hat die Beklagte einen Rentenbescheid vom 13.05.2009 übersandt, mit der die neue Übergangsregelung des Art. 6 § 4 c Abs. 2 FANG umgesetzt wurde; es hat sich eine Nachzahlung zu Gunsten des Klägers von 985,40 EUR ergeben. Gleichwohl hält der Kläger an seinem ursprünglichen Begehren fest, weil die ergänzende Vertrauensschutzregelung unzureichend sei.

Der Kläger beantragt zuletzt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 28.02.2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 07.06.1999 in der Fassung des Bescheids vom 27.10.1999 sowie in Gestalt des Widerspr...

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