Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Ausschluß. Beitragsnachentrichtung. Heiratserstattung. 65. Lebensjahr. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Der Ausschluß der Beitragsnachentrichtung bei Heiratserstattung nach Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 282 Abs 1 S 2 SGB 6) verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Möglichkeit der Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung nach §§ 282 a.F. SGB VI nach Vollendung des 65. Lebensjahres durch die Klägerin.
Die 1919 geborene Klägerin beantragte mit Schreiben vom 15.12.1995 bei der Beklagten die Nachentrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung wegen sogenannter Heiratserstattung. Sie gab an, bis Mai 1958 Beiträge zur deutschen Rentenversicherung der Arbeiter bezahlt zu haben. Am 10.06.1958 hat sie geheiratet. Den Bescheid über die Beitragserstattung konnte die Klägerin nicht mehr vorlegen. In den Unterlagen der LVA Niederbayern-Oberpfalz fand sich die Quittungskarte Nr. 2, ausgestellt am 02.10.1956, die den Vermerk enthält, daß nach Erledigung der Beitragserstattung nach § 1304 RVO die Versicherungskarten vernichtet wurden. Der Klägerin wurden nach diesem Vermerk 1959 DM 1.257,00 erstattet.
Mit Bescheid vom 13.05.1996 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, die Voraussetzungen für eine Nachzahlung seien nicht erfüllt, da die Klägerin bereits 1984 das 65. Lebensjahr vollendet habe.
Mit Schreiben vom 29.05.1996 erhob die Klägerin Widerspruch. Sie teilte mit, daß sie keinen Antrag auf Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen stellen wollte, sondern vielmehr Antrag auf Wiederaufleben ihres Rentenanspruchs nach dem Rentenreformgesetz 1992. Es sei grotesk, daß eine Frau, die am 31.12.1991 das 65. Lebensjahr vollendet habe, dies nicht mehr beantragen könne. Der Gesetzgeber habe die fragwürdige Heiratserstattung für alle noch lebenden betroffenen Frauen aufheben wollen, deshalb müsse auch ihr eine Rückzahlung des Heiratserstattungsbetrages möglich sein.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.1996 zurück, mit der Begründung, eine Nachzahlung gemäß § 282 Abs. 1 Satz 2 2. Alternative SGB VI sei nach Vollendung des 65. Lebensjahrs nicht zulässig. Der angefochtene Bescheid sei deshalb nicht zu beanstanden.
Mit der Klage vom 13.12.1996 verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie teilte mit, daß sie Verfassungsbeschwerde erheben wolle, und bat, die Klage bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen. Eine Abschrift der Verfassungsbeschwerde legte sie bei. Die Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluß vom 09.05.1997 nicht zur Entscheidung angenommen.
Das Sozialgericht München (SG) wies die Klage mit Urteil vom 09.10.1997 ab und ließ die Sprungrevision nicht zu. Der klare Wortlaut des § 282 SGB VI lasse keine andere Auslegung zu, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung würden außerdem nicht bestehen.
Gegen das Urteil des SG legte die Klägerin Berufung ein. Die Bestimmung des § 282 SGB VI verstoße gegen die Verfassung, da es den Frauen, die vor dem 01.01.1992 das 65. Lebensjahr vollendet haben, die Möglichkeit, die erstatteten Beiträge nachzubezahlen, verweigere. Das Alter stelle kein geeignetes Kriterium zur Differenzierung dar, so daß ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art.3 Grundgesetz (GG) vorliege. Vor dem Rentenreformgesetz 1992 habe eine Nachzahlung von erstatteten Beiträgen nur für die Frauen zur Verfügung gestanden, die nach der Erstattung eine versicherungspflichtige Beschäftigung von mindestens zwei Jahren ausgeübt hatten. Erst im Zuge des Rentenreformgesetzes 1992 seien alle Frauen zur Nachzahlung zugelassen worden. Die Frauen, die damals bereits älter als 65 Jahre waren, seien deshalb benachteiligt, wenn sie keine Nachzahlungsmöglichkeit erhielten. Die Regelung des § 282 SGB VI verstoße sowohl gegen den Gleichheitsgrundsatz als auch gegen das Nichtbevorzugungs- und Nichtbenachteiligungsprinzip nach Art. 3 Abs. 3 GG.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG München vom 09.10.1997 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.11.1996 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr das Recht auf eine Nachentrichtung ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigungszeiten vor der sogenannten Heiratserstattung im Jahre 1959 einzuräumen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts München und des Bayerischen Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet.
Das Sozialgericht und die Beklagte haben zu Recht die Nachentrichtung der anläßlich der Heirat der Klägerin erstatteten Beiträge nicht zugelassen, da der klare Wortlaut des § 282 SGB VI diese Nachzahlung der Beiträg...