Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. selbst genutztes Wohneigentum. tatsächliche Aufwendungen. Nichtberücksichtigung von gestundeten Schuldzinsen
Orientierungssatz
Die bis zur geplanten Ablösung eines Darlehens durch Einmalzahlung gestundeten Schuldzinsen sind keine tatsächlichen Aufwendungen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 und können bei den Unterkunftskosten für ein selbst genutztes Eigenheim nicht berücksichtigt werden.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 26. September 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind - mit Ausnahme der von der Beklagten im Widerspruchsbescheid anerkannten Kosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe von einem Achtzigstel - nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren (nur noch) streitig, ob dem Kläger ein Anspruch auf das Geld zusteht, das dieser für die Zinsen eines gestundeten Darlehens in der Zeit vom 01.01 bis 31.2005 aufzubringen hätte.
Dem 1947 geborenen Kläger wurden von der Beklagten auf den Antrag vom 15.09.2004 mit Bescheid vom 22.12.2004 für die Zeit vom 01.01. bis 31.05.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bewilligt, und zwar für ihn und seine Ehefrau in Höhe von zusammen monatlich 1583,58 EUR. Das Ehepaar bewohnt ein eigenes Haus. Die Wohnfläche beträgt 125 qm, die Gesamtfläche 141 qm. Die Zins- und Tilgungsverpflichtung beliefen sich bei Antragstellung auf 1.347,09 EUR Zinsen und 246,20 EUR Tilgung aus drei Darlehensverträgen. Die Heizkosten betragen 104,50 EUR, die sonstigen Wohnkosten 54,71 EUR und die Nebenkosten 5,40 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der Kläger am 19.12.2004 mit, dass er die Zinsen für das dritte Darlehen in Höhe von 607,61 EUR nicht zurückzahle, da er dieses bei Fälligkeit einer Vermögensanlage in Form eines Berlin-Darlehens begleichen werde. Der Berechnung der Unterkunftskosten legte die Beklagte Zinszahlungen in Höhe von 739,48 EUR zugrunde.
Gegen den Bescheid vom 22.12.2004 legte der Kläger mit Schreiben vom 26.12.2004 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 17.02.2005 wurde der Kläger durch die Beklagte schriftlich auf die Mietobergrenzen für einen Zwei-Personen-Haushalt in Höhe von 500,00 EUR netto hingewiesen. Der Kläger müsse sich um Senkung der Unterkunftskosten bemühen, da diese sonst nur für sechs Monate in voller Höhe bezahlt würden. Auch gegen dieses Schreiben legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2005 wurde dem Widerspruch des Klägers vom 26.12.2004 hinsichtlich der Kosten der Unterkunft geändert und die Gesamtleistung ab dem 01.01.2005 auf monatlich 1.597,85 EUR festgesetzt. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen und entschieden, dass die notwendigen Aufwendungen des Widerspruchsverfahrens in Höhe von 1/80 erstattet würden, die Zuziehung eines Rechtsanwalts sei nicht notwendig gewesen. Die Berechnung der Unterkunftskosten sei hinsichtlich der Gebäudeversicherungen, die bereits bei Antragstellung vorgelegt worden seien, fehlerhaft, die Leistungen deshalb monatlich 14,27 EUR höher. Die Schuldzinsen in Höhe von 607,61 EUR, die der Kläger wegen des Berlin-Darlehens nicht zahle, seien nicht berücksichtigungsfähig. Die Hausratsversicherung gehöre nicht zu den Unterkunftskosten. Dem Kläger und seiner Ehefrau sei nach § 21 Abs. 5 SGB II der höchstmögliche Mehrbedarf von jeweils 51,13 EUR gewährt worden. Es bestünden jedoch Zweifel über die Notwendigkeit, da der Kläger und seine Ehefrau Reduktionskost benötigten. Der Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I würde entfallen, da die Leistungen nach dem SGB II höher seien. Zur Kostenentscheidung wurde ausgeführt, dass bei Zugrundelegung eines geforderten höheren Betrags von 320,00 EUR Alg-Zuschlag, 607,00 EUR Darlehenszinsen, 5,40 EUR Hausratversicherung, 14,27 EUR Gebäudeversicherung, 217,70 EUR Mehrbedarf wegen Behinderung eine Quote von 1/80 anzusetzen sei, da in Höhe von 14,27 EUR abgeholfen wurde.
Mit seiner am 13.06.2005 zum Sozialgericht München (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die Voraussetzungen des § 22 SGB II lägen hinsichtlich der Zinsen in voller Höhe vor. In der Gesetzesbegründung sei ausdrücklich festgeschrieben, dass das angemessene Einfamilienhaus weiterhin als Schonvermögen erhalten bleiben solle. Die gesamten Zinskosten im Zusammenhang mit dem Wohngebäude seien zu übernehmen, da er mit 57 Jahren voraussichtlich bis zum Renteneintritt keine Arbeit mehr aufnehmen werde.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.09.2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach § 22 Abs. 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen seien. Bei selbstgenutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gehörten zu den tatsächlichen Aufwendungen insbesondere die Schuldzinsen. ...