Leitsatz (amtlich)
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II ist nur ein gewöhnlicher Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland als Voraussetzung für Leistungen nach SGB II festgelegt. Eine Verurteilung eines Leistungsträgers kann aber, sofern nicht Sonderregelungen wie § 43 SGB I einschlägig sind, gemäß § 36 SGB II nicht erfolgen, wenn weder der gewöhnliche noch ein tatsächlicher Aufenthalt des Hilfebedürftigen in seinem Bezirk feststellbar ist.
Tenor
I. Die Berufungen gegen die beiden Gerichtsbescheide des Sozialgerichts Landshut vom 3. Januar 2008 (S 7 AS 156/07 und S 7 AS 184/07) werden zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin und Berufungsklägerin in der Zeit vom 01.01.2005 bis 11.04.2006 Arbeitslosengeld II zusteht.
Die 1977 geborene Klägerin war bis 1996 zeitweise berufstätig. Sie hat keine Berufsausbildung. Im Oktober 2003 erwarb sie mit Mitteln aus einer Erbschaft für 52.000,- Euro von ihrem Lebensgefährten H. ein Haus in F. im Landkreis P.. Das Haus verfügt über 100 qm Wohnfläche und Einzelöfen. Das Finanzamt bewilligte für die Jahre 2003 bis 2010 eine Eigenheimzulage in Höhe von jährlich 1278,- Euro. Am 14.12.2003 kam es zu einem Brand dieses Hauses. In der Folge wurde gegen die Klägerin wegen Brandstiftung ermittelt.
Die Klägerin bezog von 01.01.2004 bis 31.03.2005 Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt) vom Landkreis P..
Nach einer erfolgreichen Klage auf Krankengeld wurde der Klägerin nachträglich Arbeitslosengeld und später mit Bescheid vom 20.03.2006 Arbeitslosenhilfe für die Zeit von 14.02.2004 bis 31.12.2004 zuerkannt.
Die Klägerin begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung. Im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG) vom 27.06.2006, L 11 SO 6/06, wird ausgeführt, dass die Klägerin im Rentenverfahren und im nachfolgenden Klageverfahren begutachtet wurde. Dabei habe die Klägerin im November 2004 mitgeteilt, dass sie bei ihrem Partner in dessen neuem Haus wohne. Im Mai 2005 habe die gerichtlich bestellte Gutachterin die Klägerin in ihrem Haus in F. begutachtet und festgestellt, dass das Haus nahezu unbewohnbar sei. Es befinde sich nicht einmal ein Bett dort, worauf die Klägerin gesagt habe, dass sie auf einem Stuhl nächtige. Hierzu habe der Lebensgefährte eine gegenteilige Stellungnahme abgegeben. Die Rentenklage wurde wegen erhaltener Erwerbsfähigkeit abgewiesen. Im Rentenverfahren ist am BayLSG ein Berufungsverfahren (L 6 R 20/06) anhängig.
Die Sozialhilfeverwaltung des Landkreises führte am 08.01.2004 einen Hausbesuch in F. durch. Nach dem Brand sei nur mehr die Küche und das Ess-/Wohnzimmer bewohnbar. Allerdings sei auch hier alles verrußt und verraucht. Auch in diesen Räumen herrsche ein Chaos und Unrat.
Im September 2004 wurde Klägerin im Bezirkskrankenhaus stationär behandelt. Dort berichtete sie über einen Streit mit der Brandversicherung, bei dem es um 200.000,- Euro gehe. Sie wohne bei ihrem Partner.
Am 04.03.2005 teilte ein Bediensteter der Gemeinde F. der Sozialhilfeverwaltung telefonisch mit, dass das Haus der Klägerin nicht bewohnbar sei und diese vermutlich in P. bei ihrem Lebensgefährten H. wohne.
Am 15.03.2005 erfolgte ein weiterer Hausbesuch der Sozialhilfeverwaltung. Das Anwesen sei unbewohnt. Der Eingangsbereich sei von außen mit Sicherheitsschlössern abgesperrt. Vor dem Haus liege ein halber Meter Schnee ohne Spuren, so dass seit Wochen dort niemand gewesen sei. Bei einem taggleichen Besuch bei Herrn H. in P. habe dessen Vater mitgeteilt, dass die Klägerin nicht dauerhaft hier wohne und dass sein Sohn ihr Lebensgefährte sei.
Ermittlungen der Sozialhilfeverwaltung ergaben, dass die Mülltonne für das Haus der Klägerin seit November 2003 abgemeldet war, der Stromzähler vom Energieversorger am 23.10.2004 ausgebaut wurde und im Jahr 2004 ein Kanal an das Haus der Klägerin gelegt wurde, jedoch kein Anschluss an Wasser und Abwasser erfolgte.
Die Sozialhilfe wurde zum 31.03.2005 eingestellt, weil der tatsächliche Aufenthalt nicht nachgewiesen sei. In der Folge kam es zu mehren Klage- und Berufungsverfahren in der Sozialhilfe. Mit Urteil des BayLSG vom 27.06.2006, L 11 SO 6/06, wurde die weitere Leistungsgewährung ab April 2005 abgelehnt. Es fehle am tatsächlichen Aufenthalt im Landkreis. Derzeit sind beim BayLSG zwei weitere Berufungsverfahren wegen Sozialhilfe anhängig ( und L 8 SO 29/08).
Bei einem weiteren Hausbesuch der Sozialhilfeverwaltung am 18.04.2005 sei niemand angetroffen worden. Das Haus sei verschlossen gewesen. Ein Nachbar habe mitgeteilt, dass die Klägerin nach dem Hausbrand nach P. gezogen sei. Auf Befragen habe die zuständige Briefträgerin am nächsten Tag mitgeteilt, dass die Post nach wie vor zum Haus der Klägerin gebracht werde, dass aber dort bei Klingeln niemand öffne. Die Post liege manchmal mehrere Tage im Briefkasten.
Am 08.09.2005 erfolgte ein weiterer Hausbesuch, bei dem die Klägerin vor dem Haus angetroffen wurde. Das Haus sei aber versperrt gewesen. ...