Entscheidungsstichwort (Thema)
Soldatenversorgung. Wehrdienstbeschädigung. Wehrdienstunfall. Verletzung durch Mörser-Feuer der eigenen Bundeswehrangehörigen. GdS-Festsetzung. besondere berufliche Betroffenheit
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Soldat (hier: Reserveoffizier) durch Mörser-Feuer der eigenen Bundeswehrangehörigen schwer verletzt, sind gem § 81 Abs 1 des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) iVm § 30 Abs 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sowohl die körperlichen als auch die psychischen Folgen des Wehrdienstunfalles zu entschädigen. Der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bemisst sich gem § 30 Abs 17 BVG nach den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" (Anlage zu § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung, juris: VersMedV), hier konkret ein GdS von 60. Eine besondere berufliche Betroffenheit iS von § 30 Abs 2 BVG führt (hier) zu einer Anhebung des GdS auf 70.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1936 geborene Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).
Am 03.10.1983 hat sich auf dem Truppenübungsplatz M. ein schwerer Unfall dergestalt ereignet, dass Mörser-Feuer auf das Spitzenfahrzeug einer Fahrzeugkolonne gerichtet worden ist. Der Kläger ist hierbei als Oberleutnant der Reserve erheblich verletzt worden. In Ausführung des mit Schreiben des Klägers vom 10.11.1986 angenommenen Vergleichsangebotes des Beklagten vom 22.09.1986 hat das Versorgungsamt A. mit Bescheid vom 05.11.1987 nachstehende Wehrdienstbeschädigungsfolgen (WDBF) festgestellt:
1. Durch Osteosynthesematerial überbrückter Defekt des Unterkiefers mit Verlust der Zähne 41 bis 43 und 31 bis 32; Narben am Kinn, eingeschränkte Mundöffnung;
2. Psychoreaktive Störung;
3. Reizlose Bauchnarben nach Granatsplitterverletzung und Bauchschnitt; Splitter im Unterbauch und in den Weichteilen des linken Oberschenkels;
4. 4 cm lange im Bereich des linken Handgelenkes um den Kleinfingerballen verlaufende Narbe mit endgradiger Einschränkung der Handgelenksbeweglichkeit;
5. Operativ versorgte traumatische Blasenruptur;
6. Splitter im Bereich des Rektums;
zu Nr.1 bis 6 hervorgerufen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - nunmehr Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - ist mit Wirkung ab Oktober 1983 mit 70 v.H. bewertet worden, ab April 1984 mit 60 v.H. Hierbei hat der Beklagte eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs.2 BVG für die Tätigkeit als ehemaliger Exportleiter berücksichtigt. Nach Auskunft der Firma E. J. & Co KG - Lufttechnische Anlagen vom 24.02.1987 ist der Kläger auf Grund des Schießunglückes den an ihn gestellten Anforderungen (z.B. Reisetätigkeit, stundenlange Verhandlungen in Fremdsprachen) nicht mehr gerecht geworden.
Der Neufeststellungsantrag des Klägers vom 01.12.2003 ist am 03.12.2003 bei dem Amt für Versorgung und Familienförderung A. eingegangen. Der behandelnde Internist Dr. P. S. hat mit Arztbrief vom 02.01.2004 unabhängig von der Ursache folgende Diagnosen gestellt: Persönlichkeitsstörung; Zustand nach Polytrauma bei Granatsplitterverletzung; metabolisches Syndrom; benignes Prostataadenom.
Dr. S. hat mit psychiatrisch-versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 22.01.2004 ausgeführt, dass sich Hinweise auf das Vorliegen einer ernsthafteren Störung auf psychiatrischem Fachgebiet ergeben hätten. Nach einer stationären Behandlung am Klinikum K. im Herbst 2003 werde eine länger dauernde psychiatrische Vorgeschichte mit Verdacht auf manische Depression geschildert. Ein Zusammenhang mit den anerkannten Schädigungsfolgen bestünde eindeutig nicht. Dementsprechend ist der Neufeststellungsantrag des Klägers mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. vom 03.03.2004 abgelehnt worden. Die WDBF würden wie bisher eine MdE um 50 v.H. bedingen, die gemäß § 30 Abs.2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit auf 60 v.H. erhöht worden sei.
Der Kläger hat in wiederholten, engzeilig beschriebenen Briefen sein "unverzügliches Recht als schwerverletzter Soldat der Reserve" gefordert. Die Schreiben des Klägers haben sich regelmäßig auch auf generelle Missstände bei der Bundeswehr bezogen.
Der Beklagte hat nach dem Schwerbehindertenrecht (nunmehr: SGB IX) mit Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. vom 17.02.2004 den Grad der Behinderung (GdB) von zuvor 50 auf nunmehr 80 angehoben. Neben den festgestellten WDBF sind schädigungsfremd eine "seelische Krankheit", eine "Zuckerkrankheit" sowie ein "Bluthochdruck" mit Einzel-GdB-Werten von 40, 20 und 10 berücksichtigt worden.
In der Versorgungsangelegenheit des Klägers ist sein Widerspruch vom 08.04.2004 gegen den Bescheid des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. vom 03.03.2004 mit Widerspruchsbescheid des Bayerischen Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 06.08.2004 zurückg...