Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsleistungen. Besondere berufliche Betroffenheit. Berufsschadensausgleich. Schädigungsfolgen. Beiladung
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Bemessung des Grads der Schädigungsfolgen sind nur solche gesundheitlichen Einschränkungen zu berücksichtigen, die auf dem schädigenden Ereignis beruhen.
Normenkette
BVG § 30; SGB X § 44 Abs. 1; SGG § 75 Abs. 1 S. 2
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 2. April 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der 1932 geborene Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Streitig ist die Zuerkennung von Berufsschadensausgleich, Ausgleichsrente sowie Ehegattenzuschlag, Alterserhöhung zur Grundrente und des Weiteren die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen (Polyneuropathie der Beine, Carpaltunnelsyndrom der rechten Hand, Arm- und Schulterbeschwerden rechts sowie Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der Halswirbelsäule).
Der 1932 geborene Kläger ist am 28.01.1944 in K. in Oberschlesien durch einen Sprengkörper (Handgranate) verletzt worden. Das Versorgungsamt Düsseldorf hat mit Bescheid vom 12.06.1954 als Schädigungsfolgen im Sinne der Entstehung anerkannt:
Verlust der Finger I bis IV der linken Hand,
winzige Weichteilstecksplitter im Gesicht
und hierfür ab 01.06.1951 eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) - nunmehr: Grad der Schädigungsfolgen (GdS) - von 40 v.H. bewilligt.
Der Kläger hat mit Antrag vom 06.03.1994 beantragt, die bisherige Entscheidung vom 12.06.1954 aufzuheben und den Anspruch auf Versorgung nach dem BVG neu festzustellen, insbesondere "seelische Störungen und Depressionen" als weitere Schädigungsfolgen im Sinne des BVG anzuerkennen. Die MdE sei nach § 30 Abs.2 BVG höher zu bewerten; ihm stehe Berufsschadensausgleich zu. Der Antrag vom 06.03.1994 ist mit Bescheiden des Amtes für Familienförderung M. vom 30.01.1995 und 31.01.1995 abgelehnt worden. Auch in Berücksichtigung einer "Daumensattelgelenkarthrose links" sei eine MdE um 40 v.H. weiterhin angemessen. Die Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule sowie beider Schultergelenke seien nicht auf schädigende Einwirkungen des § 1 BVG zurückzuführen; insbesondere handele es sich nicht um einen sogenannten Überlastungsschaden. Für die geltend gemachten "seelischen Störungen" würden nach einem Zeitraum von fast 50 Jahren jegliche Brückensymptome fehlen. Eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne von § 30 Abs.2 BVG liege nicht vor. Bei den nach seiner Umschulung ausgeübten Tätigkeiten im EDV-Bereich habe es sich ausschließlich um Positionen mit Leitungsfunktion gehandelt, die weit überwiegend von der geistigen Leistungsfähigkeit geprägt worden seien. Zudem habe der Kläger den Körperschaden im Kindesalter erlitten und dadurch erlernt, mit dieser Schädigung bei der Ausübung manueller Tätigkeiten besser umzugehen. Dies ergebe sich auch daraus, dass er trotz seiner Schädigung 1949 eine Anlernausbildung als Elektromonteur absolviert und in diesem Beruf auch einige Jahre gearbeitet habe. Auch die zehnjährige Tätigkeit als selbstständiger Obst- und Südfrüchtehändler lasse erkennen, dass ein manueller Einsatz möglich gewesen sei. Aus dem wechselvollen Arbeitsleben in den folgenden Jahrzehnten sei nicht ablesbar, dass die anerkannten Schädigungsfolgen die berufliche Entwicklung nennenswert beeinträchtigt hätten. Auch die wirtschaftliche Entwicklung seines selbstständigen EDV-Unternehmens seit 1981 habe sich gänzlich unabhängig von Art und Ausmaß der Schädigungsfolgen vollzogen. Dementsprechend sei auch die Bewilligung von Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs.3 BVG nicht möglich.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch vom 20.02.1995 ist mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.1995 zurückgewiesen worden. Das Sozialgericht München hat die diesbezügliche Klage mit Urteil vom 30.09.1999 - S 29 V 105/97 - abgewiesen. In dem sich anschließenden Berufungsverfahren hat der Kläger einen Teilerfolg erzielt. Das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) hat mit Urteil vom 27.11.2003 - L 15 V 55/99 - für Recht erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird der Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 30.09.1999 sowie Abänderung der Bescheide vom 30.01. und 31.01.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1995 verurteilt, bei dem Kläger ab 01.01.1990 Versorgungsrente nach einer MdE um 50 v.H. zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger zwei Zehntel der außergerichtlichen Kosten aus beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Maßgebliche Gründe hierfür sind gewesen, dass die Schädigungsfolgen im Bereich der linken Hand gemäß § 30 Abs.1 BVG mit einer MdE von 50 v.H. bewertet worden sind. Weitere Schädigungsfolgen im Bereich der linken und rechten Hand, des rechten Armes, der Schultern, der Wirbelsäule (vor allem Halswirbelsäule) sowie a...