Entscheidungsstichwort (Thema)

Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen. Kurzpausen während der Arbeitszeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zum Vorliegen einer Erwerbs- oder einer Berufsunfähigkeit nach dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht bei vor allem kardiologischen und psychischen Gesundheitsbeeinträchtigungen.

2. Zum Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bei tendenzieller Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen nach dem 1.1.2001.

3. Kurzpausen von unter 19 Minuten sind nicht als Arbeitszeit verkürzende Pausen anzusehen. Blutzuckermessung und ggf eine erforderliche zusätzliche Nahrungsaufnahme können ohne weiteres im Rahmen des üblichen Arbeitsablauf erfolgen.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 5. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-, Berufsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung.

Der 1965 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung absolviert. Er arbeitete nach eigenen Angaben seit 1981 als Küchenhelfer, Hilfsarbeiter und vom 5. April 1988 bis 4. April 1991 als Kraftfahrer sowie bis April 1995 als Druckereihelfer/Maschinenhelfer.

Am 16. November 2000 stellte er einen Antrag auf Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die berufsunfähig oder erwerbsunfähig sind. Die Beklagte legte dies als Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit aus. Sie holte ärztliche Befundberichte bei und ließ den Kläger durch die Internistin Dr. G. begutachten. Diese diagnostizierte in dem Gutachten vom 20. Dezember 2000 eine Zustand nach akutem Hinterwandinfarkt vom September 2000, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus, eine essentielle arterielle Hypertonie, eine behandelte Fettstoffwechselstörung bei leichtem Übergewicht, eine chronische Gastritis, ein Wirbelsäulensyndrom, einen Zustand nach Meniskusoperation sowie eine Chondropathiapatellae links. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Druckereihelfer könne nur mehr zweistündig bis unter halbschichtig, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch noch vollschichtig (acht Stunden) ausgeübt werden.

Mit Bescheid vom 2. Januar 2001 lehnte die Beklagte eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ab, da der Kläger mit dem vorhandenen Leistungsvermögen noch Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig ausüben könne.

Während des Widerspruchsverfahrens führte die Beklagte eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme durch, aus der der Kläger nach dem Entlassungsbericht vom 14. März 2001 arbeitsfähig entlassen wurde; eine psychotherapeutische Behandlung wurde angeraten. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. April 2001 wies sie den Widerspruch zurück. Es seien weder die Voraussetzungen einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit noch die einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung gegeben.

Hiergegen erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht München. Aufgrund der zahlreichen Erkrankungen und Beschwerden sei er nicht mehr arbeitsfähig und außerstande, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Das Sozialgericht holte einen Befundbericht des Orthopäden Dr. W. vom 10. Juli 2001, der Allgemeinärztin Dr. M. vom 6. Juli 2001 sowie der Internistin Dr. G. vom 15. November 2001 ein. Der als Gutachter beauftragte Internist Dr. H. stellte in seinem Gutachten vom 18. Juni 2002 eine arterielle Hypertonie, eine Hyperlipoproteinämie, einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus, eine coronare Herzerkrankung mit Zustand nach inferiorem Myokardinfarkt September 2000 mit Zustand nach PTCA und Stentimplantation ohne Anhalt für eine Stentdysfunktion mit stabiler Angina pectoris bei guter linksventrikulärer Funktion und anhaltendem Nikotinkonsum, einen Zustand nach Gastritis (Juli 1998) ohne Anhalt für Rezidiv sowie einen Zustand nach endoskopischer Meniskusoperation links im Januar 1999 fest. Leichte körperliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes könnten jedoch noch acht Stunden täglich verrichtet werden.

Auf orthopädischem Fachgebiet holte das Sozialgericht ein Gutachten des Dr. W. vom 19. Oktober 2002 ein. Es bestehe ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei lumbosacraler Übergangsstörung mit wiederkehrenden Ruhe- und Belastungsbeschwerden der Lendenwirbelsäule (LWS). Wesentliche weitere Gesundheitsstörungen seien auf orthopädischem Fachgebiet nicht zu objektivieren. Leichte bis gelegentlich mittelschwere körperliche Tätigkeiten könnten noch vollschichtig verrichtet werden.

Dr. G. äußerte sich in einer als "rheumatologisches Gutachten" bezeichneten Äußerung vom 10. Januar 2003 (Privatgutachten), es bestünde ein inkomplettes Reiter-Syndrom mit rezidivierenden Iliosakralarthritiden bei Zustand nach Yersinieninfektion, ein sekundäres Fibromyalgiesyndrom, eine Diskusprotrusion L5/S1, ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, eine Fettstoffwechselstörung, eine koronare Herzerkran...

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