Entscheidungsstichwort (Thema)
Private Pflegeversicherung. Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit. an Mukoviszidose erkranktes Kind. Verabreichung hochkalorischer Nahrung und dabei erforderliche Anleitung bzw Überwachung. Zuordnung zu Modul 5. Verbindlichkeit der Begutachtungsrichtlinien
Orientierungssatz
1. Die notwendige Verabreichung hochkalorischer Nahrung und die dabei erforderliche Anleitung bzw Überwachung bei einem an Mukoviszidose erkrankten Kind ist dem Modul 5 zuzuordnen im Sinne des Einhaltens einer Diät (Anschluss anLSG München vom 17.11.2022 - L 4 P 35/20 ).
2. Der erhebliche zeitliche Zusatzaufwand der Eltern des Kindes kann nicht dadurch berücksichtigt werden, dass zusätzlich Punkte in einem anderen Modul, hier dem Modul 4, vergeben werden.
3. Die Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zum Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit (Begutachtungsrichtlinien) stellen eine verbindliche, einheitliche Begutachtungsgrundlage sowohl für die Pflegekassen als auch für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) dar.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 10.12.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind Leistungen der Pflegeversicherung mindestens nach dem Pflegegrad 2 ab 01.03.2019.
Der 2016 geborene Kläger ist bei der Beklagten versichert. Im Februar 2019 wurde bei ihm Mukoviszidose festgestellt, nachdem sich bei seiner Schwester im Rahmen eines Neugeborenen-Screenings ein positiver Befund bezüglich Mukoviszidose ergeben hatte. Nach den vorliegenden ärztlichen Befunden befand er sich zum damaligen Zeitpunkt in einem guten Allgemein- und Ernährungszustand, sein Appetit war normal bis gut, er entwickelte sich gut. Im März 2019 beantragte er Leistungen der Pflegeversicherung.
Mit Gutachten vom 10.05.2019 stellte der MDK beim Kläger einen Pflegegrad 1 ab 03/2019 fest. Der Kläger befinde sich in einem regelrechten Ernährungszustand. Bis vor der Erkrankung (gemeint wohl: Diagnose, da es sich um eine angeborene Erkrankung handelt), habe er großen Appetit gehabt. Seit der medikamentösen Umstellung habe er keinen Appetit mehr. Es werde ein gutes Durstgefühl angegeben. Auch in der Nacht verlange er teilweise nach Trinken. Der Kläger müsse Inhalationen durchführen und mit Medikamente einnehmen. Krankengymnastik erfolge einmal wöchentlich mit Hausbesuch. 2 mal täglich häusliche Therapiemaßnahmen werden mit den Eltern durchgeführt. Der Appetit habe seit Diagnosestellung nachgelassen. Ständige Motivation sei bei der Nahrungsaufnahme erforderlich. Der Stuhlgang, die Atmung und der Bauch müssten regelmäßig beobachtet werden. Es seien umfangreiche Hygienevorschriften zu beachten. Beim Kläger komme es zu Ängsten und Abwehrverhalten besonders beim Inhalieren auch wegen fehlender Einsichtigkeit. Im Modul 5 wurden 8 Einzelpunkte und 20 gewichtete Punkte vergeben. Der Kläger benötige sieben Mal pro Tag eine Medikation, ein Absaugen und Sauerstoffgabe erfolge dreimal täglich. Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung würden zweimal pro Tag stattfinden. Zudem müsse der Kläger eine Diät einhalten und sei hierbei unselbständig (benötige immer Anleitung und Beaufsichtigung). Insgesamt wurden in den Modulen 1, 2, 3, 4 und 6 null gewichtete Punkte vergeben. Damit wurden insgesamt 20 gewichtete Punkte festgestellt. Mit Bescheid vom 13.05.2019 gewährte die Beklagte dem folgend Leistungen nach dem Pflegegrad 1 ab 01.03.2019.
Hiergegen legte die Mutter des Klägers Widerspruch ein, der Kläger habe aufgrund seiner Erkrankung an Mukoviszidose einen erhöhten Energiebedarf. Er müsse zum Essen angehalten werden, da ein Hungergefühl nicht vorhanden sei. Oft lehne er die angebotenen Mahlzeiten ab. Wenn er zum Essen aufwendig motiviert werde, esse er manchmal zu schnell und zu viel, so dass es zum Erbrechen komme. - der Kläger - habe kein gutes Durstgefühl. Er müsse zum Trinken stets aufgefordert werden. Aufgrund der Erkrankung schwitze er nachts viel. Er müsse durchschnittlich drei Mal komplett umgezogen werden. Auch sei in seinem Fall die Zahnhygiene umfangreicher. Die Säuberung des Intimbereichs sei aufgrund eines Fettstuhls aufwendiger. Zudem würden elfmal täglich Medikamente verabreicht. Beim Ruhen und Schlafen sei aufgrund des extremen Schwitzens eine aufwändige Unterstützung erforderlich.
Nach einem ambulanten Arztbrief des Krankenhauses B R vom 26.07.2019 ginge es mit dem Essen gut, allerdings brauche der Kläger oft eine Aufforderung. Das Frühstück schätze er nicht sehr, allerdings esse er dann in der Pause im Kindergarten gut.
Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch den MDK. Dieser kam am 19.09.2019 zu dem Ergebnis, dass bei - dem Kläger - eine altersgerechte Entwicklung vorliege mit abgeschlossener Sauberkeitserziehung und gelegentlichem nächtlichen Einnässen. Es würden allgemeine Verdauungsprobleme bestehen. Einmal wöchentlich erfolge Kranken...