Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss bei Bezug von Altersrente. Aufforderung zur Beantragung vorzeitiger Altersrente. bestandskräftiger Rentenbescheid

 

Orientierungssatz

Nach bestandskräftiger Bewilligung einer vorzeitigen Altersrente durch den Rentenversicherungsträger kann das mit der Klage und Berufung verfolgte Ziel, der in § 12a S 1 SGB 2 normierten Verpflichtung zur Rentenbeantragung nicht nachkommen zu müssen, wegen des in § 7 Abs 4 S 1 Alt 1 SGB 2 bestimmten Leistungsausschlusses bei Bezug einer Altersrente nicht mehr erreicht werden. Die Frage nach der Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Aufforderung ist dann nicht mehr von Belang. Dies bedeutet auch, dass ein Einverständnis des Grundsicherungsträgers mit einem späteren Rentenbeginn keine rechtlichen Auswirkungen auf den bestandskräftigen Bescheid des Rentenversicherungsträgers haben kann.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 11.03.2020; Aktenzeichen B 4 AS 35/20 B)

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 3. August 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Kläger hat an die Staatskasse 225,00 Euro zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 01.02.2014 bis zum 31.07.2014 sowie die Erteilung des Einverständnisses des Beklagten zur Verschiebung des Rentenbeginns gegenüber der Beigeladenen streitig.

Der 1949 geborene Kläger erhielt mit Unterbrechungen seit 2005 Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten.

Mit Bescheid vom 10.05.2013 wurde der Kläger aufgefordert, Altersrente zu beantragen. Der Kläger sei verpflichtet, einen Antrag beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu stellen, wenn er eine geminderte Altersrente (d.h. mit Abschlägen) beziehen könne und das 63. Lebensjahr vollendet habe. Auf die Möglichkeit der ersatzweisen Antragstellung durch den Beklagten gemäß § 5 Abs. 3 SGB II wurde hingewiesen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung.

Der Kläger stellte daraufhin laut Bestätigung der Beigeladenen am 13.06.2013 einen Antrag auf Altersrente mit Abschlägen. Am 18.07.2013 stellte auch der Beklagte gemäß § 5 Abs. 3 SGB II bei der Beigeladenen einen Antrag auf Altersrente für den Kläger.

Die Beigeladene bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 13.01.2014 Altersrente wegen Arbeitslosigkeit rückwirkend ab dem 01.07.2013. Die laufende Rentenzahlung betrug ab dem 01.03.2014 monatlich 586,74 EUR brutto bzw. 525,13 EUR netto und wurde erstmals am 31.03.2014 auf dem Konto des Klägers gutgeschrieben. Die Nachzahlung für die Zeit vom 01.07.2013 bis 28.02.2014 betrug 4.201,04 EUR. Am 25.02.2014 wurde ein Betrag in Höhe von 2.625,65 EUR auf dem Konto des Klägers gutgeschrieben. Die Altersrente ohne Abschlag ab Vollendung des 65. Lebensjahres, die der Kläger ab dem 01.08.2014 hätte beziehen können, hätte sich lt. einer Rentenauskunft der Beigeladenen vom 01.09.2016 auf 614,98 EUR brutto bzw. 550,41 EUR netto belaufen.

Gegen die Rentenbewilligung legte der Kläger am 30.01.2014 Widerspruch ein und zog im gleichen Schreiben den Rentenantrag zurück. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid der Beigeladenen vom 27.05.2014 zurückgewiesen. Eine Antragsrücknahme bzw. Verschiebung des Rentenbeginns auf einen späteren Zeitpunkt sei nur mit Zustimmung des Jobcenters möglich; dieses habe das Einverständnis aber nicht erteilt. Gegen den Widerspruchsbescheid wurde keine Klage erhoben.

Den Antrag auf Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab Oktober 2013 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11.02.2014 ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen, weil er Rente wegen Alters beziehe. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2015 als unbegründet zurückgewiesen. Laut Bescheid der Beigeladenen vom 13.01.2014 beziehe der Kläger rückwirkend ab dem 01.07.2013 Altersrente, weshalb der Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 4 SGB II vorliege.

Gegen den Bescheid vom 11.02.2014 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26.01.2015 erhob der Kläger am 19.02.2015 Klage zum Sozialgericht München, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 02.09.2015 an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut verwies. Dort erhielt das Verfahren das Aktenzeichen S 11 AS 538/15. Am 24.02.2015 erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.01.2015 zum Sozialgericht Landshut. Die Klage wurde unter dem Aktenzeichen S 11 AS 88/15 geführt. Der Beklagte erklärte zu der vor dem Sozialgericht Landshut erhobenen Klage, dass diese aufgrund anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig sei.

Das Sozialgericht verband die Streitsachen S 11 AS 88/15 und S 11 AS 538/15 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 16.09.2015. Die Klagen wurden unter dem Aktenzeichen S 11 AS 88/15 fortgeführt, später unter dem Aktenzeichen S 16 AS 88/15.

Zur Klagebegründu...

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